Darf ich noch fahren? Oder nicht? Wäre doch super, wenn uns das nicht erst beim Alkoholtest in der Polizeikontrolle klar wird, sondern schon vorher. Forschende der University of Pittsburgh haben eine Methode entwickelt, mit der unser Smartphone uns Auskunft über unsere Fahrtüchtigkeit geben kann.

22 Freiwillige haben die Forschenden der University of Pittsburgh gefunden, die bereit waren, ein wodkahaltiges Mischgetränke um 8 Uhr morgens auf nüchternen Magen zu trinken. Denn für diesen Test mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer betrunken sein.

Innerhalb einer Stunde sollten sie mindestens 0,8 Promille Alkohol im Blut haben. Bis dahin gelten Autofahrerinnen und Autofahrer in den USA noch als fahrtüchtig. Ursprünglich hatten die Wissenschaftler zwei Promille für ihren Versuch angepeilt.

Bewegungsdaten sammeln

In den sieben Stunden danach hat das Team um Forscher Brian Suffoletto jede Stunde die Alkoholkonzentration im Atem der Probanden gemessen. Das Kernstück des Versuchs war aber das Smartphone.

Über die wissenschaftliche Phy-Phox-App haben die Forschenden die Bewegungssensoren in den Smartphones angesteuert, um diese anschließend auszuwerten. Relevant waren für sie der Beschleunigungssensor und Kippbewegungen wie links-rechts, oben-unten, vor-zurück.

"Das gute am Smartphone ist: Das hat eh fast jeder immer dabei, da muss nichts extra angeschafft werden."
Klaus Jansen, Deutschlandfunk Nova

Um die Daten von den Bewegungssensoren aufzeichnen zu lassen, sollten die Teilnehmenden regelmäßig zehn Schritte geradeaus laufen, sich umdrehen, um dann wieder zehn Schritte auf derselben geraden Linien zurückzugehen. Das Smartphone haben die Forschenden per Gummiband auf den Rücken der Probanden geschnallt – so sollte es fest an seinem Platz bleiben.

Smartphonesensoren können auf Fahrtüchtigkeit rückschließen

Das Ergebnis: Mit einer Genauigkeit von 90 Prozent konnten die Wissenschaftler sagen, wann die Alkoholkonzentration im Atem der Testperson überschritten war oder nicht. Ihre Bewegungen wurden dementsprechend unregelmäßiger und schwankender.

Mit ihrem Experiment, das sie im Journal of Studies of Alcohol and Drugs veröffentlicht haben, sind die Forschenden der Technik zur Ermittlung des Alkoholspiegels per Handy einen Schritt nähergekommen. Ausgereift ist das allerdings noch nicht.

"Die Forschenden wollen den Versuch wiederholen: mit Smartphone in der Hand, mit Smartphone in der Tasche. Und auch mit einem Programm, das ganz genau weiß, wie du dich bewegst, wenn du betrunken bist und auch nüchtern."
Klaus Jansen, Deutschlandfunk Nova

Bist dieser Methode, mit dem Smartphone zu ermitteln, ob man fahrtüchtig ist, marktreif ist, wird es aber noch einige Zeit dauern. Die Gruppe der Probanden für diesen ersten Versuch war vergleichsweise klein und wenig divers war, so die Studienautoren. Zwei Drittel der Testpersonen waren männlich und weiß.

Außerdem fand das Experiment unter Laborbedingungen statt – im Alltag binden sich wahrscheinlich die wenigsten Personen ihr Smartphone auf den Rücken. Laut der Forschenden soll die Technik für eine entsprechende App schätzungsweise in fünf Jahren fertig sein.

Shownotes
Fahrtüchtigkeit
Smartphone kann Betrunkene erkennen
vom 19. August 2020
Moderatorin: 
Tina Howard
Gesprächspartner: 
Klaus Jansen, Deutschlandfunk Nova