Mit Stricknadeln auf der Tribüne – so sieht man den britischen Turmspringer Tom Daley bei Olympia in Paris. Auch andere Tätigkeiten können uns in einen Flow bringen. Diese Form der Konzentration ist gesund, kann aber auch gefährlich werden.
Malen, Ketten knüpfen, Puzzeln oder Stricken: All das sind Tätigkeiten, die uns in einen Flow bringen können. Der Flow ist ein Zustand, der sich richtig gut anfühlt. Wir sind voll konzentriert, vergessen die Zeit, schalten ab – und was wir machen, geht fast wie von selbst.
Der britische Turmspringer Tom Daley macht es vor: Bei Olympia 2024 in Paris saß er beim Synchronspringen-Finale der Frauen mit Stricknadeln auf der Tribüne. Der 30-jährige mehrfache Medaillengewinner hat sogar ein Buch übers Stricken geschrieben. Für ist das pure Meditation, die ihn ruhig macht, sagt er. Auf Instagram präsentierte Daley dann schließlich den fertigen Pullover.
Nicht nur Handarbeit bringt uns in den Flow. Auch Musik machen, Computerspielen, Joggen oder sogar Putzen kann einen in diesen Zustand versetzen. Es sind eher Tätigkeiten, die wir aktiv machen. Serien streamen gehört also eher nicht dazu.
"Flow kann bei so gut wie jeder Tätigkeit passieren. Meist passiert es aber bei Dingen, die wir aktiv machen."
Das Geheimnis, um in den Flow zu kommen: Die Aktivität darf nicht überfordern und auch nicht unterfordern. Denn wenn wir überfordert sind, dann stresst uns das eher. Und wenn wir unterfordert sind, dann langweilen wir uns.
Um die richte Aktivität für den Flow zu finden, müssen wir ein bisschen herumprobieren, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Jana Niehof, und dabei dann unserer "Sweet Spot" finden. Das kann bei jedem anders sein. Stricken zum Beispiel eignet sich gut, weil wir uns dabei zwar konzentrieren müssen, um koordinatorische Fähigkeiten abzurufen, aber mit ein bisschen Übung ist es nicht mehr nötig, viel über unsere Handgriffe nachdenken.
Flow geht nicht immer
Leider aber können wir nicht immer in diesen schönen Flow-Zustand kommen. Schlechter Schlaf, unsere Grundstimmung, ein hohes Stressniveau, Sorgen – all das kann uns vom Flow abhalten, erklärt der Sportpsychologe und Flowforscher Michéle Ufer. Erzwingen lässt sich der Flow ohnehin nicht.
"Am besten nicht unter Druck setzen und das erzwingen wollen. Dann klappt es erst recht nicht mit dem Flow."
Im Flow werden Gehirnareale gedämpft
Was genau im Gehirn beim Flow passiert, ist noch nicht geklärt, sagt Jana. Forschende vermuten, dass dabei bestimmte Gehirnareale gedämpft werden, insbesondere die im Präfrontalen Cortex. Das ist der Bereich hinter unserer Stirn.
"Der ist für Bewusstsein, analytisches Denken, Handlungskontrolle und Zeitempfinden verantwortlich. Und wenn diese psychologischen Funktionen runtergefahren werden, kann das einige Phänomene von Flow ganz gut erklären", erläutert der Sportpsychologe Michele Ufer.
Flow ist gesund - meistens
Regelmäßig in den Flow zu kommen, ist sogar gesund. Das legt eine Studie des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik nahe. Die Forschenden werteten Daten aus schwedischen Patientenregistern von mehr als 9.300 Personen aus. Das Ergebnis: Wer häufiger einen Flow erlebt, leidet seltener an Depressionen, Angstzuständen, Schizophrenie, bipolaren und stressbedingten Störungen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Sollten wir jetzt also so oft wie möglich Flows erleben? Besser nicht! Denn so ein Flow kann süchtig machen. Und weil die präfrontale Hirnregion herunterreguliert wird, kann der Flow sogar auch gefährlich werden. Erleben wir beim (Extrem-)Sport oder Motorradfahren einen Flow, schätzen wir schwierige Situationen eventuell falsch ein oder reagieren verzögert.
Beim Stricken dürfte das aber wohl eher kein Problem sein.