Die meisten Flüchtlinge nehmen den beschwerlichen Weg über das Mittelmeer und über Land - das ist gefährlich und teuer. Günstiger und sicherer wäre ein Flugticket. Aber Fluggesellschaften lassen Flüchtlinge nicht an Bord. Sie müssten deren Rückreise bezahlen, wenn ein Flüchtling nicht bleiben darf.

In einer Richtlinie aus dem Jahr 2001 hat die EU beschlossen, dass Fluggesellschaften haftbar gemacht werden, wenn sie Menschen befördern, die ohne Visum oder Reisedokumente in die EU kommen wollen. "Wenn die Flugunternehmen solche Personen mitnehmen, sind sie haftbar. Sie müssen einerseits Strafzahlungen befürchten, sind für die Rückkehr der Person verantwortlich und müssen die Rückkehr finanzieren", erklärt Max Pichl, Jurist bei Pro Asyl.

Jeder Flughafen ist eine europäische Außengrenze

Im Zuge der EU-Richtlinie wurde die Migrationskontrolle an die Flughafengesellschaften ausgelagert: private Akteure und Dokumentenberater der Bundespolizei sind dafür zuständig. Die kontrollieren, ob ein Fluggast einen gültigen Reisepass hat. Viele Flüchtlinge haben aber gar keinen Reisepass. Weil ihnen in ihrem Herkunftsland keiner ausgestellt wird oder sie Angst haben, zu den dortigen Behörden zu gehen. Darum dürfen sie an vielen Flughäfen die Transitzone gar nicht verlassen.

"Die europäischen Grenzen sind nicht nur an den Außengrenzen sondern an jedem Flughafen, an dem es diese Kontrollen gibt."
Max Pichl, Pro Asyl

Kaum Rechte in der Transitzone

Die Einreise nach Deutschland via Flugzeug ist für Flüchtlinge auch aus einem anderen Grund unattraktiv: Beim Flughafenverfahren entscheiden die Behörden innerhalb von zehn Tagen, ob ein Flüchtling hier bleiben darf oder abgeschoben wird. "Erst wenn ein Mensch deutsches Territorium betritt, sich also außerhalb des Flughafen befindet, hat er alle Garantien und Rechte, die im deutschen Asylrecht vorgeschrieben sind."

Eine Abschaffung der EU-Richtlinie sei im Moment aber von politischer Seite nicht gewünscht, sagt Max Pichl. Die Richtlinie komme vielen Politikern gelegen, weil illegale Immigration verhindern soll.

Shownotes
Flüchtlinge
Keine Einreise mit Flugzeug
vom 08. September 2015
Moderatorin: 
Marlis Schaum
Gesprächspartner: 
Max Pichl, Jurist bei Pro Asyl