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Die Sonne scheint, draußen ist es angenehm warm, gefühlt sind alle am See – und wir müssen drinnen hocken. Ida hat besonders im Sommer FOMO. Social Media kann diese Angst, etwas zu verpassen, schlimmer machen. Das können wir mit wenig Aufwand ändern.

Die Sonne scheint und Ida will raus. Gutes Wetter bedeutet für sie gute Laune, und so einen Tag möchte sie auskosten – besonders im Sommer. Sie liebt diese Jahreszeit. Für sie wird ein Sommertag perfekt, wenn sie eine Radtour mit Freund*innen macht oder den Tag am See verbringt.

"Irgendwas in mir sagt: Du musst das Wetter jetzt genießen."
Ida, 22, über einen warmen, sonnigen Tag im Sommer

Wenn das aber nicht geht, weil sie zum Beispiel arbeitet und dann den Großteil des Tages im Büro verbringt, macht ihr das mental zu schaffen. "Da baut sich ein Druck in mir auf und auch eine Negativität, weil ich alles, was ich im Hier und Jetzt tue und sehe, nicht mehr positiv wahrnehmen kann", sagt sie.

Ida weiß: Der Sommer ist begrenzt. Und in Deutschland kann auf einen sonnigen Tag mit warmen Temperaturen ganz schnell die Abkühlung folgen – und am nächsten Tag ist es bewölkt bei 18 Grad.

Bedeutung von FOMO

Das alles sorgt bei ihr für FOMO: Sie bekommt die Fear of Missing out, also Angst, etwas Wichtiges zu verpassen. Bei Ida kommt dieses Gefühl im Sommer auf. Damit ist sie nicht allein. Das Phänomen FOMO und was es mit uns macht, wollen auch Forschende besser verstehen. Eine von ihnen ist Julia Brailovskaia. Die Psychologin ist Privatdozentin am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Ruhr-Uni Bochum.

Bei FOMO geht einiges in uns vor, erklärt Julia Brailovskaia. Einmal ist da die Angst, eine tolle Erfahrung zu verpassen. Und dann kommt auch ein gewisser Neid dazu, wenn wir bei anderen zum Beispiel auf den Socials sehen, was sie alles erleben und wir davon ausgehen, sie würden gerade die beste Zeit haben – und wir nicht.

"Bereits 30 Minuten weniger soziale Mediennutzung pro Tag können sehr schöne Effekte haben und die psychische Gesundheit verbessern."
Julia Brailovskaia, Ruhr-Universität Bochum, forscht zum Phänomen FOMO, Mediennutzung und mentaler Gesundheit

Social Media verstärkt dieses Phänomen. Vom Alter ist es aber unabhängig. Was helfen kann, weniger FOMO zu spüren, ist weniger auf Insta, Tiktok und Co. zu sein. "Wir haben mittlerweile eine ganze Reihe an Studien hierzu durchgeführt. Was wir sehen: Bereits 30 Minuten weniger soziale Mediennutzung pro Tag können sehr schöne Effekte haben und die psychische Gesundheit verbessern", sagt sie.

Das bedeutet: Weniger FOMO, weniger Stresssymptome, mehr Zufriedenheit im Job und generell im Leben. Auch die Motivation, Sport zu machen oder weniger zu rauchen, kann das beeinflussen.

Mit FOMO umgehen

Wenn wir bei uns eine Angst wahrnehmen, etwas zu verpassen, sollten wir erst mal sanft mit uns sein, sagt Psychotherapeutin Daniela Röttinger. Im Sommer kommt hinzu, dass die langen, hellen Tage Prozesse in unserem Körper anregen, wodurch wir eine bessere Stimmung haben und motiviert sind.

Wir sind aktiv, wollen Spaß haben und einige teilen dann mehr auf Social Media. "Die Sonnenuntergänge, die Strandbilder, die Reisen, die Drinks in der Bar – das suggeriert: Alle erleben einen tollen Sommer, alle machen was, sind aufregende, interessante Menschen und beweisen das vielleicht sogar auch ein bisschen auf Social Media und ich will das auch", erklärt die Psychotherapeutin. Dadurch könne Druck entstehen. Wir vergleichen uns mit den anderen.

Bei Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl kann FOMO bestimmte Glaubenssätze verstärken. Zum Beispiel: Wenn ich viel erlebe, bin ich wertvoll. Das führt allerdings zu noch mehr Druck, so Daniela Röttinger, und letztendlich in einen Teufelskreis.

"FOMO ist ein Gefühl. Wenn es ein Gefühl ist, ist es erst mal kein Problem, sondern wird dürfen das erst mal so annehmen, dass es da ist, und eher als Einladung sehen."
Daniela Röttinger, Psychologische Psychotherapeutin

Was helfen kann: Das Gefühl hinter der FOMO als solches erst mal nur wahrzunehmen, statt es als Problem zu bewerten. Hier können wir innehalten und die Perspektive wechseln, indem wir uns nicht von der Angst leiten lassen, etwas zu verpassen, sondern zu schauen, wo wir gerade stehen und in Zukunft hinwollen.

Daniela Röttinger verdeutlicht das am Beispiel einer Hausarbeit. Es ist ein schöner Tag, unsere Freund*innen haben draußen Spaß – und wir müssen zu Hause an der Hausarbeit schreiben. Jetzt kommt FOMO auf.

Hier kann es helfen, Folgendes zu überprüfen: "Wenn ich meinem Wert für Freund*innenschaften in letzter Zeit schon sehr nahegekommen bin und viel umgesetzt habe, kann ich mich dann eher mit zum Beispiel dem Wert finanzielle Unabhängigkeit, berufliche Selbstbestimmung verbinden", erklärt sie. Ist das der Fall, können wir uns an dem Tag auf die Hausarbeit konzentrieren und am nächsten wieder auf unsere Freund*innen.

Sommer-Bucketlist

Was auch helfen kann, ist, einen Plan für den Sommer zu erstellen mit allem, was wir unternehmen möchten. Teil des Plans sollten aber auch Zeiten für Leerlauf sein. Die sind wichtig für die Erholung und auch, um auf neue Ideen zu kommen.

Und: Diese Liste ist eine Inspiration, kein To-do. Sollten wir also feststellen, dass wir doch keine Lust auf das Picknick am See haben, das wir vor Wochen dort eingetragen haben, ist das genauso in Ordnung.

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Shownotes
Sommer
FOMO: Wie holen wir das Beste aus jedem Tag raus?
vom 27. Juni 2025
Gesprächspartnerin: 
Ida, hat Sommer-Fomo
Gesprächspartnerin: 
Julia Brailovskaia, Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl Klinische Psychologie und Psychotherapie, forscht zu Mediennutzung und mentale Gesundheit
Gesprächspartnerin: 
Daniela Röttinger, Psychologische Psychotherapeutin
Autorin und Host: 
Shalin Rogall
Redaktion: 
Betti Brecke, Christian Schmitt, Friederike Seeger
Produktion: 
Jan Morgenstern