Altert das Gehirn in der Schwerelosigkeit schneller? Auf der Internationalen Raumstation wird dazu geforscht. Mit an Bord sind dafür Minigehirne, die aus menschlichen Zellen gezüchtet sind. Und was verändert sich sonst noch so im All? Der Astrophysiker Felix Spanier weiß es.
Wie das Gehirn auf Schwerelosigkeit reagiert, soll auf der Internationalen Raumstation (ISS) erforscht werden. Dazu hat ein Forschungsteam aus Luxemburg mehrere Minigehirne aus menschlichen Zellen gezüchtet. Experimente sollen zeigen, wie sich die Schwerelosigkeit auf das Altern auswirkt.
Das sei eine komplexe Sache, so Felix Spanier. Der Astrophysiker arbeitet am Institut für Theoretische Astrophysik am Zentrum für Astronomie der Uni Heidelberg. Durch die Schwerelosigkeit verändere sich zum Beispiel die Verteilung der Flüssigkeit im Körper, auch mit Folgen für das Gehirn. Im Gehirn sammelten sich mehr Flüssigkeit und mehr Druck an.
Schwerelos im Weltall: Auswirkungen auf den Körper
Bislang sei man davon ausgegangen, dass diese Veränderungen zu kognitiven Störungen bei Astronaut*innen führen könnten, wie zum Beispiel Erinnerungslücken. "Das scheint sich momentan nicht zu bestätigen", sagt der Astrophysiker.
Es zeige sich aber, dass sich die motorische Verknüpfung im Gehirn verändere. "Die Astronauten haben auf einmal eine völlig ungewohnte Umgebung und in dieser Umgebung müssen sie gewisse Dinge komplett neu lernen."
Ein Beispiel dafür ist, wie der Astronaut Alexander Gerst Saltos schlägt und sich die Zähne putzt – gleichzeitig. Alexander Gerst hat das vermutlich auch erst ein paar Mal üben müssen.
"Motorische Gehirnbereiche verknüpfen sich neu."
Was die Forschung an den Minigehirnen auf der ISS an Erkenntnissen bringt, muss sich zeigen. Der Zeitplan sieht vor, dass die Minigehirne in rund 30 Tagen zurück zur Erde kommen.
Erste vorläufige Ergebnisse könnten dann in sechs Monaten vorliegen, schätzt Felix Spanier.
Die Körperflüssigkeit verteilt sich anders
Bekannt ist, dass die veränderte Verteilung der Körperflüssigkeit Folgen hat, die schon beim Start beginnt. Denn in der Rakete sind die Astronaut*innen in Liegeposition mit hochgelagerten Beinen, so Felix Spanier. "Die Flüssigkeitsverlagerung von den Beinen in den Körper findet schon auf der Startrampe statt."
"Vom Prinzip her beginnen die körperlichen Veränderungen schon auf der Startrampe."
Um das entstehende Ungleichgewicht auszugleichen, scheide der Körper innerhalb der ersten 24 Stunden relativ viel Flüssigkeit aus, das beginnt schon beim Start. Die Regulation der Flüssigkeit im Körper passt sich im Weltall dann nach und nach an. Der Körper versteht, dass es einfacher ist, das Gehirn zu versorgen, eben weil keine Schwerkraft existiert. Dennoch sei es wichtig, Krafttraining zu machen. "Sonst werden die Beine noch dünner, weil die Muskelmasse abnimmt", sagt Felix Spanier.
Die Schwerelosigkeit führt auch dazu, dass der Blutdruck sinkt und sich die Bandscheiben ausdehnen.
"Aufgrund der fehlenden Schwerkraft verliert man an Muskelmasse."
Diese Veränderungen des Körpers führen auch dazu, dass Astronaut*innen zurück auf der Erde es langsam angehen müssen. Nicht, weil sie das Gehen verlernt hätten, so Felix Spanier. Durch das Krafttraining sind Astrounat*innen gestärkt.
"Das Problem ist wieder das des Flüssigkeitswechsels." Die Astronaut*innen müssen vorsichtig sein, weil der Kreislauf zusammenbrechen könnte.