Andere erzählen begeistert von ihrem Hobby und fragen: Und was ist dein Hobby? Schweigen – weil ihr keins habt? So wie Lotti, die aber schon viele ausprobiert hat. Was alles als Hobby zählt, hat sich über die Jahre verändert, meint eine Freizeitwissenschaftlerin.
Lotti lebt in Berlin, ist 25 und hat festgestellt, dass sie gar nicht mehr die Zeit hat, Hobbys zu pflegen. Sie meint, sie müsse sich richtig Zeit freischaufeln und das gehe nur mit einem "strukturellen Zeitmanagement". Das heißt, sie hält sich den Sonntag frei und versucht, abends ab spätestens 20 Uhr nichts mehr zu machen und stattdessen einen Film zu gucken – zu Hause oder im Kino.
Filme guckt Lotti aber nicht nur entspannt, sondern auch bewusst, weil sie früher Filmwissenschaft studiert hat. Seit sie das Fach gewechselt hat, fehle ihr diese Art Filme zu gucken. Tatsächlich findet sie Filmegucken auch ein schönes Hobby.
"Das ist ein schönes Hobby für abends, mich hinzusetzen und Filme zu gucken oder eben auch ins Kino zu gehen."
Sonntags versucht sie, in ihrer freien Zeit zum Sport zu gehen. Aber nicht in einen Verein und immer zur selben Uhrzeit, sondern Lotti geht so zwischendurch, wenn es passt, ins Gym. Das würde sie aber nicht wirklich als ihr Hobby bezeichnen. Denn Lotti hat als Jugendliche Leistungssport gemacht und war mehrfach pro Woche im Schwimmtraining. Das sei auf jeden Fall ihr Hobby gewesen, weil sie da auch viele ihrer Freund*innen getroffen hatte.
Immer wieder neue Hobbys ausprobieren
Wie viele andere hat Lotti in der Coronazeit auch nach einem neuen Hobby gesucht und sich einen Hula-Hoop-Reifen gekauft. Dann hat sie es mit Joggen probiert, viel Zeit mit Spazierengehen verbracht, Podcasts gehört. Davon ist aber als echtes Hobby nichts geblieben.
Aber selbst wenn Lotti heute mehr Zeit hätte, glaubt sie nicht, dass sie diese in Hobbys investieren würde, sondern vielleicht eher, um öfter Freunde zu treffen, länger zu schlafen. "Ich weiß nicht, ob ich sie aktiv für Hobbys verwenden würde."
Knappe Güter Zeit und Geld
Die meiste Zeit gehe für die Vor- und Nachbereitung der Uni drauf, dann arbeitet sie neben dem Studium und viel Zeit verbringe sie auch damit, in Berlin von A nach B zu kommen. Neben der knappen Zeit spiele auch Geld eine Rolle. Lotti würde zwar gerne mal Pole Dancing ausprobieren, aber weil sie nicht sicher ist, ob es ihr wirklich gefallen würde, lässt sie es lieber, "bevor ich jetzt irgendwie Geld aus dem Fenster schmeiße". Für die Zukunft könnte sie sich aber vorstellen, noch einmal richtig Geld für ein gutes Rennrad auszugeben, um damit an den Wochenenden herumzufahren – "das könnte mein schönes Wochenend-Hobby werden".
Internet und Social Media sind beliebte Hobbys
Was Lotti da vorschwebt, ist ein recht aktives Hobby, bei dem der ganze Körper gefordert ist. Laut einer Umfrage der Stiftung Zukunftsfragen aus dem Jahr 2022 ist das Hobby Nummer eins der Deutschen aber eher passiv: im Internet surfen (97 Prozent). Bei den 18- bis 34-Jährigen sind die Top 3: Filme und Serien streamen, Youtube-Videos schauen und Podcast hören.
"Ich würde diese Tätigkeiten eher zu normalen Freizeitaktivitäten zählen und nicht zu originären Hobbys, die man normalerweise hat", sagt Renate Freericks. Sie ist Professorin an der Hochschule Bremen und forscht zum Thema Freizeit. Sie definiert Hobby als eine Aktivität, die mit einer gewissen Leidenschaft über einen längeren Zeitraum betrieben wird.
Auch wenn sich laut Umfrage Mediennutzung zu dem Hobby Nummer eins entwickelt hat, gibt es nach wie vor Hobbys im Kreativ- oder Sportbereich, sagt Renate Freericks. Zum Beispiel entdecken Jüngere gerade das Stricken wieder neu, meint die Freizeitforscherin. Beliebt sei auch immer noch, mit Freund*innen zusammen Freizeitparks oder andere Einrichtungen zu besuchen, um so ein Gemeinschaftserleben zu haben.
Alte Hobbys dank Corona wiederbeleben
Die Coronazeit habe auch dazu beigetragen, dass Leute in Vergessenheit geratene Hobbys wiederentdeckt und -belebt haben. Hobbys, die sich rund um eine Sammelleidenschaft wie Briefmarken drehen, hätten selbst durch Corona kein Comeback erlebt.
"Es gibt Menschen, die haben früher Postkarten gesammelt, die gibt es einfach gar nicht mehr."
Manche Hobbys erfordern viel Platz. Was Opa früher in seinem Hobbykeller gebastelt hat, dafür haben wir heute keinen Platz mehr (weil der auch sehr teuer geworden ist). Andere Hobbys sind einfach zu teuer, weil das Zubehör oder die Grundausstattung zum Beispiel viel Geld kostet. Beide Faktoren führen dazu, dass Hobbys von früher einfach verschwinden.
Wie sich der Begriff Hobby über die Zeit verändert
Grundsätzlich hätte der Begriff Hobby auch eine Veränderung erlebt, sagt Renate Freericks. Der Begriff sei auch länger weg gewesen. Heute könnten viele Jüngere kaum etwas damit anfangen. Erst durch die Coronazeit sei das Hobby wiederbelebt worden im Sinne einer sinnvollen Nutzung der freien Zeit. Wird diese freie Zeit aber verändert, indem wir eine neue Arbeit oder Studium anfangen, kann es sein, dass das Hobby unterbrochen oder gar ganz aufgegeben wird. Wenn dann noch neue Freund*innen dazu kommen, entwickeln sich womöglich neue Interessen und somit auch neue Hobbys.
"Ein Hobby soll Spaß machen."
Stress durch das Hobby tritt vor allem dann auf, wenn wir uns mit anderen zum Beispiel in den sozialen Medien vergleichen wollen: Wer backt das tollste Brot? Wer läuft die schnellsten Runden? So entsteht ein Konkurrenzdruck, der auch als neuer Stress bezeichnet wird, sagt Renate Freericks. Stattdessen solle ein Hobby Spaß machen und nicht in Stress ausarten, so die Freizeitwissenschaftlerin.
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