Der Ball rollt zwar noch – trotz Corona. Zuschauer sind in den Stadien aber verboten. Zwei Sportpsychologen aus Österreich haben untersucht, wie sich das Verhalten von Spielern, Trainern, Betreuern und Schiedsrichtern ohne Publikum ändert. Antwort: Positiv. Mehr Fair Play, weniger rote Karten – und sogar mehr Tore.
Schon im ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr mussten überall in Europa Fußballfans auf den Stadionbesuch verzichten. Michael Leitner, Sportpsychologe an der Uni Salzburg, hat mit seinem Team in einer Studie 20 Spiele des FC Redbull Salzburg ausgewertet, die in dieser Zeit ohne Publikum stattgefunden haben. Anschließend haben sie sie mit Partien verglichen, bei denen Fans im Stadion waren.
Gedrosselte Emotionen
Ergebnis: Ohne Publikum waren alle Beteiligten weniger emotional. Es gab weniger Diskussionen zwischen den Spielern, mehr Fairplay und weniger rote Karten. Die Schiris mussten seltener eingreifen.
"Ohne Fans im Stadion wäre es eine Spur weniger emotional. Das ist natürlich interessant aus psychologischer Sicht."
Die oft aufgeheizte Stimmung des Publikums übertrage sich offensichtlich auch auf die Akteure auf dem Platz, schlussfolgern die Psychologen. Die Spieler würden dann häufiger vielleicht auch mal grätschen oder in den Zweikampf gehen. Ohne Zuschauer scheinen sich viele Spieler dagegen etwas besser im Griff zu haben. Nach einem rüden Foul koche die Situation dann weniger hoch als mit zehntausenden schreienden Fans im Rücken.
Auch mehr Tore ohne Fans?
Ohne Fans gab es in den untersuchten Partien auch mehr Tore. Ob das allerdings an der Abwesenheit des Publikums lag, können die Sportpsychologen noch nicht eindeutig sagen. Es könnte auch sein, dass die Salzburger einfach eine gute Saison gespielt haben.
Momentan werde gerade an einer weiteren, größeren Studie gearbeitet, erzählt Michael Leitner. Dabei schauen sich die Psychologen die 15 besten Ligen Europas an. Die Beobachtung, dass unter Corona-Bedingungen mehr Tore fallen, sei auch dort gemacht worden. Interessanterweise schießen aber vor allem die Auswärtsmannschaften mehr Tore als sonst. Die These: Das liegt am fehlenden Heimvorteil. Denn für gewöhnlich peitschen die Fans das Heimteam nach vorne und sind den von auswärts angereisten Supportern zahlenmäßig weit überlegen.
"Vermutlich sind es vor allem die Auswärtsteams, die mehr Tore schießen. Der Effekt scheint also möglicherweise mit einem fehlenden Heimvorteil zusammenzuhängen."
Trotz der Ergebnisse und Thesen ist sich der Sportpsychologe sicher, dass er Spiele mit Fans den Corona-Partien vorzieht. Ihm als Fußballfan tue es "im Herzen weh", wenn Spiele ohne Fans stattfinden. Das sei einfach nicht dasselbe.