Der gefürchtete Crunch: Bevor ein Computerspiel veröffentlicht wird, müssen Gamedesigner oft noch einmal richtig ackern, um die Deadline zu schaffen. Extrem lange Arbeitstage und ein aufreibendes Wettrennen mit der Zeit. Die Arbeitsphase ist bekannt als der Crunch, der richtig an die Substanz gehen kann.
Etwa 40 Prozent der US-amerikanischen Spieleentwicklerinnen haben im vergangenen Jahr eine Crunch-Phase durchlebt. Es gibt immer wieder Berichte darüber, wie schwierig es für Designer und Entwickler von Games ist, über Monate unter erschwerten Bedingungen zu arbeiten. Mitarbeiter der Games-Branche werden dabei anonymisiert zitiert. Sie sprechen über psychische und körperliche Probleme und gescheiterte Beziehungen, weil sie dem Druck nicht gewachsen sind.
"12 Stunden täglich, 14 Stunden, sieben Tage die Woche – und das kann sich bei manchen Spiele-Produktionen über Monate ziehen. Die Mehrarbeit ist der Dauerzustand, das nennt man in der Spieleindustrie: Crunch."
Die anonymen Berichte beziehen sich unter anderem auf die Entwicklung des Games "The Last of Us 2". Auf unsere Anfrage hin, eine Stellungnahme abzugeben, hat die US-amerikanische Firma Naughty Dog nicht reagiert.
Viele machen es für ihren Lebenslauf
Einige Mitarbeiter fürchten, dass sie entlassen werden, wenn sie ihr Pensum nicht schaffen. Anderen ist es wichtig, diese "Crunches" – auch, wenn sie schon einmal zwei Jahre andauern können – durchzustehen, weil sie dann im Abspann eines Spieles auftauchen. Das hilft ihnen, weitere Aufträge und Jobs zu bekommen.
Teams gehen kaputt, weil viele ausgebrannt sind
Ralf Adam arbeitet seit 30 Jahren in der Games-Branche. Sechs Monate lang dauerte der längste Crunch, den er einmal erlebt hat. Drei Viertel seines Teams haben am Ende die Firma verlassen oder ganz damit aufgehört, in der Computerspiel-Industrie zu arbeiten.
Oft kommt ein Crunch zustande, weil unerfahrene Teams nicht genug Zeit in die Planung investieren und schlecht kalkulieren. Ein Spiel zu entwickeln, dauert etwa zwei Jahre, ein Drittel dieser Zeit sollte man nutzen, um die Produktion vorzubereiten, sagt Ralf Adam.
Crunch trägt nicht zur Qualität der Spiele bei
Oft leidet die Qualität der Spiele, die unter extremen Arbeitsbedingungen entstehen. Wenn der Entstehungsprozess sehr aufreibend ist, sind Mitarbeiter oft weniger kreativ und bauen mehr Fehler beim Programmieren ein. Das zeigt eine Erhebung der International Game Developers Association. Die Bugs zu beheben, kann die Spieleunternehmen wiederum mehr Zeit und Geld kosten.
"In einem Team haben von insgesamt 40 Leuten über 30 gesagt: 'Ich habe keine Lust mehr'. Sie haben das Unternehmen verlassen, sind teilweise ganz aus der Games-Branche raus, weil sie schlicht und ergreifend ausgebrannt waren."
Als erfahrener Spieleentwickler empfiehlt Ralf Adam Gamedesignerinnen, sich nicht auf extreme Arbeitsbedingungen wie einen Crunch einzulassen. Aus seiner Sicht ist es besser, Firmen lieber zu verlassen, die über Monate oder Jahre von ihren Mitarbeitern erwarten, dass sie Überstunden leisten.