"Play To Earn" heißt das Prinzip, mit dem immer mehr Games arbeiten. Spielende können also Geld mit Zocken verdienen. Das scheint erst mal verlockend. Es macht Spaß, aber birgt auch Risiken.

Sie spielen ihr Game und verdienen damit Geld: Für manche klingt das nach einem wahren Traumjob. Dieser Traum kommt auch zunehmend in der Realität an. Als auf den Philippinen zum Beispiel wegen der Corona-Pandemie viele Menschen arbeitslos wurden, haben einige angefangen, Computerspiele zu zocken, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Spielfiguren als NFTs

Konkret ging es um das Spiel "Axie Infinity". Dieses Spiel basiert auf dem Konzept "Play To Earn". Menschen spielen also ein Computerspiel einzig mit der Absicht, Geld zu verdienen. Das können sie in diesem Spiel entweder, indem sie über Gewinne Spielewährung sammeln und diese gegen tatsächliches Geld eintauschen. Oder sie handeln mit ihren Spielfiguren. Bei Axie Infinity sind das niedlich anmutende Monster. Der Rekord für so ein verkauftes Knuddelmonster liegt bei 2,33 Millionen Dollar.

Spieler werden zu Händlerinnen

Der Handel mit diesen Spielfiguren läuft über Blockchain und NFTs (Non-Fungible-Tokens). Die Monsterfiguren sind also einzigartige digitale Gegenstände, die nicht kopiert werden können. Das bedeutet auch: Spielende müssen sich erst mal drei der Spielfiguren kaufen, damit sie am Game teilnehmen können.

Der Kauf läuft über Kryptowährungen. Der Handel mit den Figuren läuft über die Spieler*innen selbst auf einem eigenen Marktplatz. "Die Preise gehen bei sieben bis acht Dollar für die Anfängermonster los. Man kann auch mehrere Zehntausend Dollar für stärkere Monster ausgeben – und die Entwicklerfirma Sky Mavis verdient bei jedem Handel natürlich mit", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Thomas Ruscher. Grundsätzlich gewinnen die Figuren über ihre Charaktereigenschaften wie Schnelligkeit, Stärke oder Moral an Wert. Bei Monstern, die für mehrere Millionen zum Kauf angeboten werden, ist es auch reine Spekulation.

Höheres Abhängigkeitsrisiko

Für einen im Game gewonnenen Kampf erhalten die Spielenden die Kryptowährung Smooth Love Potion (SLP). Die wird, ähnlich wie Bitcoin, an Kryptobörsen spekuliert und kann in Echtgeld umgetauscht werden. Der Einsatz von Geld als Belohnung erhöht wiederum den Druck auf die Spielenden und die Suchtgefahr, sagt Psychologe Benjamin Strobel. So wie beim klassischen Glücksspiel.

"Wenn Geld im Spiel Einzug hält, dann erhöht das natürlich die Stakes: Wir haben plötzlich eine Situation, wo viel mehr davon abhängt, was im Spiel passiert."
Benjamin Strobel, Psychologe, forscht zu den Auswirkungen von Videospielen

Solche Play-To-Earn-Spiele waren auch schon Jahre vor Axie Infinity und dem Hype um die Blockchain-Technologie oder Kryptowährung beliebt. "World Of Warcraft" (WoW) arbeitet zum Beispiel mit seiner virtuellen Währung "Gold", die auch in tatsächliches Geld umgetauscht werden kann. In China war das eine Zeit lang besonders beliebt. Ähnlich wie bei den Menschen auf den Philippinen während der Pandemie.

Aus Spaß wird Arbeit

Zu den Hochzeiten von Axie Infinity konnten Spielende mehrere Hundert Euro im Monat mit dem Verkauf ihrer Spielfiguren machen. "Das funktioniert aber nur so lange, wie die Spieler*innen glauben, dass ihre Monster auch was wert sind und sie bereit sind, Geld für sie auszugeben", sagt Thomas.

Zumal Kryptowährung für starke Kursschwankungen bekannt ist. Ähnlich wie Bitcoin und viele weitere Kryptowährungen ist auch der Wert von SLP, die Währung bei Axie Infinity, gerade massiv eingebrochen. Vor einem Jahr lag der Kurs bei fast 30 Cent, aktuell bei knapp unter einem halben Cent. Das heißt: Selbst die Profis unter den Gamer*innen verdienen gerade ungefähr 50 Cent pro Stunde. Unabhängig davon, wie hoch der Gewinn ist, verändert das Play-To-Earn-Konzept den Charakter der Videospiele, sagt Psychologe Benjamin Strobel. Aus einem Spiel wird Arbeit.

"Der Kapitalismus ist im Videospiel angekommen."
Thomas Ruscher, Deutschlandfunk-Nova-Reporter
Shownotes
Play To Earn
Geld mit Gaming: Wenn Spaß zum Job wird
vom 11. Juli 2022
Moderatorin: 
Anke van de Weyer
Gesprächspartner: 
Thomas Ruscher, Deutschlandfunk Nova