Spanien hat ein Gesetz erlassen, das Unternehmen zwingt, Frauen und Männer bei gleicher Arbeit gleich zu bezahlen. Dasselbe Modell für Deutschland kann sich Rechtsanwältin Kathrin Bürger nicht vorstellen, weil Sanktionen im deutschen System nicht vorgesehen seien.
Frauen werden immer noch schlechter bezahlt als Männer. Lässt man beim Vergleich Arbeitszeiten und unterschiedliche Berufe außen vor, ergibt sich der sogenannte bereinigte Gender Pay Gap. Der gibt zum Beispiel Auskunft darüber, wie viel weniger eine Abteilungsleiterin in Vollzeit verdient, die praktisch die gleiche Arbeit macht und vergleichbar ausgebildet ist wie ein männlicher Abteilungsleiter, der ebenfalls in Vollzeit arbeitet.
Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung Mercer liegt der bereinigte Gender Pay Gap in Deutschland derzeit zwischen vier und sechs Prozent. Das heißt: In vergleichbarer Anstellung und mit der gleichen Qualifikation bekommen Frauen etwa fünf Prozent weniger Gehalt als die Männer.
"Ein Gesetz wie in Spanien kann ich mir für Deutschland nicht vorstellen. Sanktionen wie in Spanien entsprechen nicht dem deutschen System."
Es gibt unterschiedliche Ansätze, mit diesem Gehaltsunterschied umzugehen. Spanien hat jetzt ein Dekret erlassen, dass eine ungerechtfertigte unterschiedlich hohe Bezahlung praktisch verbietet. Unternehmen werden dazu verpflichtet, Gehaltstabellen offenzulegen und sie nach Geschlecht aufzuschlüsseln. Firmen, die gegen das neue Gesetz verstoßen, sollen mit Geldbußen in Höhe von bis zu 187.000 Euro bestraft werden.
Gesetz zur gleichen Bezahlung: Wirkung ist fraglich
In Deutschland gibt es das sogenannte Entgelt-Transparenzgesetz. Das verbietet nicht – wie die spanische Regelung – die unterschiedlich hohe Bezahlung, soll im Endeffekt aber ebenfalls zu gleichen Gehältern führen.
Das Gesetz regelt zum Beispiel, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Betriebsrat oder beim Unternehmen Auskunft über die Gehaltshöhe von Kolleginnen und Kollegen erhalten können. Kommt dabei heraus, dass für die gleiche Arbeit mindestens sechs Kollegen desselben Geschlechts mehr bezahlt wird, kann die entsprechende Person die Anhebung des Gehalts verlangen.
Allerdings ist die praktische Wirkung dieses Gesetzes fraglich. Thomas Gruhle von der Unternehmensberatung Mercer sagte dem Magazin "Personalwirtschaft": Vor allem im Bereich der Führungsfunktionen finden sich selten sechs Mitarbeiter des anderen Geschlechts mit einer entsprechenden Vergleichstätigkeit.
Eine Evaluierung des Gesetzes ergab: Nur wenige Beschäftigte kennen überhaupt die Möglichkeit, nach den Gehältern der Kollegen zu fragen. Und dementsprechend wenige haben es bisher tatsächlich auch gemacht. Ein Gesetz, wie Spanien es vorsieht, das Unternehmen zu gleicher Bezahlung zwingt, kann sich die Münchner Rechtsanwältin für Arbeitsrecht Kathrin Bürger nicht vorstellen: Sanktionen seien im deutschen System nicht vorgesehen.
″Mitarbeitende können beim Unternehmen Auskunft über das Gehalt der Kollegen verlangen."
Eine wichtige Frage bei solchen Verfahren ist auch: Wie wird festgelegt, was gleiche Arbeit ist? Denn wenn die Arbeit als unterschiedlich angesehen wird, lässt sich damit leicht begründen, wie die unterschiedliche Bezahlung zustande kommt.
Spanien sieht mit dem neuen Gesetz Grundsätze vor, anhand derer die Gleichwertigkeit verschiedener Arbeiten bestimmt werden kann. Für Deutschland gilt ähnliches. Hier wird für die Bestimmung der Gleichwertigkeit die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeitsbedingungen herangezogen. Die Qualität der ausgeübten Arbeiten und auch die Arbeitszeit dürfen dabei aber keine Rolle spielen.
Warum es generell einen Gender Pay Gap gibt, ist einfach zu erklären: Deutlich mehr Frauen üben Berufe aus, die schlecht bezahlt sind, zum Beispiel die Care-Berufe wie Krankenschwester und Erzieherin. Auch arbeiten sie häufiger in Teilzeit.
Frauen verlangen weniger Geld
Die Gründe dafür, dass Frauen und Männer aber auch bei gleicher Arbeit und gleicher Arbeitszeit unterschiedlich hoch bezahlt werden, sind nicht so schnell gefunden. Mögliche Erklärungen sind:
- Männer würden in den Unternehmen durchschnittlich höher eingestuft, sagt Thomas Gruhle von Mercer, was letztendlich zu einem höheren Gehalt führe.
- Ein Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2008 legt nahe, dass die unterschiedliche Bezahlung schlicht und einfach auch an einer Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz liegen kann.
- Einen Teil zur schlechteren Bezahlung tragen Frauen wohl auch selbst bei: Laut einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey haben erfolgreiche Studentinnen deutlich geringere Gehaltsforderungen beim Berufseinstieg als ähnlich qualifizierte Studenten. Die Frauen fordern im Schnitt 11.500 Euro weniger Jahres-Einstiegsgehalt als die männlichen Mitbewerber.
Dafür, dass Frauen bei ihren Gehaltsvorstellungen ein paar Euro drauflegen sollten, hat die Münchner Karriereberaterin Claudia Kimich gleich drei Gründe:
- Männer verlangen mehr und verdienen mehr, obwohl sie nicht qualifizierter sind.
- Das Verhandeln um Gehalt ist auch ein Spiel um Macht. Wer im Unternehmen aufsteigen will, muss dieses Machtspiel mitspielen.
- Wer viel fordert, wird als kompetent wahrgenommen.
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