Ungleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit – eigentlich ein Unding. Der Staat will es mit einem Gesetz regeln. Bürokratie rufen die einen, lasche Regelung die anderen. Das Ministerium ist ganz zufrieden.

Gleiche Arbeit, gleiches Geld? Die Höhe des Einkommens ist je nach Geschlechter ziemlich unterschiedlich. Frauen werden tendenziell schlechter bezahlt als Männer, die den gleichen Job machen. Das ist der Gender Pay Gap.

Seit 2017 ist das Entgelttransparenzgesetz in Kraft. Seitdem können Menschen in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen erzwingen, dass ihr Unternehmen offenlegt, was andere in einer vergleichbaren Position im gleichen Betrieb denn verdienen und das Unternehmen muss dann Kriterien nennen, warum die Bezahlung unterschiedlich ist.

Gesetz wirkt ab 200 Angestellten

Die Bedingungen dafür sind unter anderem:

  • Betrieb mit mindestens 200 Angestellten
  • mindestens sechs andersgeschlechtliche Kollegen, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben
  • Betrieb ohne Tarifvertrag

Entgelttransparenzgesetz nicht weitgehend genug

Henrike von Platen hat sich dafür eingesetzt, dass es in Deutschland den Equal Pay Day gibt und mit ihrer Fair Pay Innovation Lab gGmBH im Auftrag des Ministeriums ein Tool entwickelt, mit dem Unternehmen ihre Lohnstrukturen prüfen können. Ihr geht das Gesetz noch nicht weit genug.

Sie wünscht sich, dass Deutschland es macht wie Island und neben Transparenzverpflichtung auch mit Strafen operiert, wenn Unternehmen die Equal Pay Standards nicht erfüllen. Bei der Transparenz der Gehälter wären auch britische Unternehmen deutlich weiter. Die staatliche Seite www.ons.gov.uk dokumentiert Lohnparameter von über 10.000 Betriebe – auch nach Geschlechtern sortiert.

"Parallel dazu noch was Nettes wie UK, wo über 10.000 Unternehmen ihre Gender Pay Gaps veröffentlichen. Diese Zahlen sind seit zwei Jahren nachzuschlagen."
Henrike von Platen, Ökonomin, Fair Pay Innovation Lab

Familienministerin Franziska Giffey hat einen ersten Bericht über das Gesetz vorgelegt und ist zufrieden. Das Gesetz habe in Deutschland ein Tabu gebrochen, jetzt werde immerhin auch hierzulande über Geld gesprochen. Das Ministerium hat ein Statement geschickt. Es möchte das Gesetz bekannter machen und es Angestellten erleichtern, eine Auskunft zu bekommen. Außerdem sollten die Unternehmen von sich aus die Gehaltsunterschiede prüfen.

Bürokratisch und wenig effektiv

Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft kritisiert das Gesetz. Es sieht darin vor allem den Versuch, die unternehmerische Entscheidung über die Entlohnung von Angestellten einzuschränken.

"Das Entgelttransparenzgesetz erweist sich als bürokratischer Akt ohne erkennbaren Mehrwert."
Jörg Schmidt, Ökonom, Deutsches Institut der Wirtschaft, Köln

Jörg Schmidt schreibt, das Gesetz bringe viel Bürokratie und wenig Effekt. Außerdem könne statistisch existierende Entgeltlücke in der Summe nicht als Benachteiligung bei der Bezahlung interpretiert werden.

"Der Punkt ist, dass sich eine gesteigerte Unzufriedenheit ergeben kann, die Kooperationsfähigkeit, die Kommunikation im Unternehmen leiden kann."
Jörg Schmidt, Ökonom, Deutsches Institut der Wirtschaft, Köln

Er findet, Menschen sollten besser informiert ins Berufsleben einsteigen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollte weiter gefördert werden – durch verbesserte Angebote bei der Kinderbetreuung.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Gender Pay Gap
Entgelttransparenzgesetz greift nicht
vom 05. Dezember 2019
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspatnerin: 
Ilka Knigge, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin