Bei Generationengerechtigkeit geht es nicht nur um Klimaschutz, sondern auch ganz konkret um Geld: Bleibt das deutsche Rentensystem wie es ist, ist für zukünftige Rentner die Altersversorgung nicht gesichert.

Beamte, Richterinnen, Berufssoldaten oder Pfarrerinnen gehen nicht in Rente, sondern bekommen eine Pension. Das ist unfair, findet die "Stiftung Generationengerechtigkeit". Denn sie sind vom Rentensystem unabhängig und zahlen dort nicht ein. Auch Abgeordnete zählen dort hinzu. Die Stiftung fordert nun, zunächst die Abgeordneten-Pension abzuschaffen.

Solidarisches Alterssicherungssystem statt Pension

Jörg Tremmel ist Politikwissenschaftler und Mitglied der Stiftung Generationengerechtigkeit. Zusammen mit anderen hat er die Petition zur Abschaffung der Abgeordneten-Pension vor dem Bundestag übergeben. Die Forderung: Das Rentensystem muss solidarischer werden, wenn es den Herausforderungen durch den demografischen Wandel gerecht werden will.

"Die Politik hat wahrgenommen, dass sie bei sich anfangen muss, wenn es darum geht unser Rentensystem an den demografischen Wandel anzupassen."
Jörg Tremmel, Stiftung Generationengerechtigkeit

Wenn die Generation der Baby-Boomer in Rente geht, wird sie das Rentensystem stark belasten, sagt Jörg Tremmel. Das bedeutet, dass in Zukunft die jüngeren Jahrgänge für eine sehr viel größere Anzahl an älteren Jahrgängen aufkommen müssen. Noch ist diese Problematik Zukunft, weil viele der Boomer-Generation noch im Berufsleben stehen.

Doch schon ab 2025 bis etwa 2050 funktioniert das Umlagesystem der Rentenversicherung wie sie derzeit geregelt ist, nicht. Denn in Deutschland zahlen Erwerbstätige nicht in einen Topf ein und je nachdem wie viel sie eingezahlt haben, bekommen sie dieses Geld später entsprechend als Rente ausgezahlt. Sondern sie zahlen in die Rentenversicherung, die dieses Geld direkt an die Menschen auszahlt, die derzeit in Rente sind.

"Gerade diejenigen, die über die Rentengesetze entscheiden, sind von der Problematik gar nicht betroffen."
Jörg Tremmel, Stiftung Generationengerechtigkeit

Über die Rentengesetze entscheiden Politiker*innen – die aber als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes davon überhaupt nicht betroffen sind. Deshalb fordert die Stiftung Generationengerechtigkeit zunächst, dass die Abgeordneten-Pension abgeschafft wird und auch Politiker*innen in die Rentenversicherung einzahlen. In einem nächsten Schritt sollen Beamt*innen folgen.

Wachsende Beiträge bis 2063

Würde das geschehen, stünde der Rentenversicherung genügend Geld zur Verfügung, um alle davon zu bezahlen, so der Politikwissenschaftler. Wenn beispielsweise neu verbeamtete Lehrer ab diesem Jahr in die Rentenversicherung einzahlen würden, hätte diese über vierzig Jahre hinweg wachsende Beiträge.

Erst ab dem Jahr 2063 kämen die ersten Ausgaben auf die Rentenversicherung zu. Damit wäre genau der Zeitrahmen überbrückt, in der die jüngeren Generationen die Renten der umfangreichen Baby-Boomer-Generation stemmen muss.

"In ihren Wahlprogrammen fordern SPD, Grünen und die Linken eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen. Wir nehmen sie also beim Wort."
Jörg Tremmel, Stiftung Generationengerechtigkeit

Würde die Politik die Forderung der Petition einlösen, müssten die Politiker*innen selbst ihre Vorteile aufgeben. In ihren Wahlprogrammen haben aber SPD, Grüne und die Linken eine Bürgerversicherung gefordert, in die alle einzahlen - eben auch sie selbst. Jörg Tremmel findet, es ist nun Aufgabe der Medien und der Bürger*innen sie an dieses Versprechen zu erinnern.

Im Moment seien gerade Politiker*innen bei der Altersversorgung stark überversorgt. Es brauche stattdessen ein transparentes Rentensystem, das ohne Sondersysteme wie Pensionen auskommt, findet Jörg Tremmel.

Bundeszuschuss für Rentenversicherung

Schon jetzt wird das Rentensystem mit Milliarden Euro aus Steuergeldern bezuschusst. Zwar zahlen diese Steuern auch Menschen, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, doch der Zuschuss finanziert laut der Rentenversicherung allein die ungedeckten Leistungen. Denn die Rentenversicherung übernimmt auch Leistungen, für die keine Beiträge gezahlt werden: Erwerbsminderungsrenten, Reha-Maßnahmen oder Mütterrenten.

Die Politiker würden zwar wissen, dass sie ihre eigenen Privilegien durch eine Abschaffung der Abgeordneten-Pension beschneiden, doch Jörg Tremmel ist überzeugt, dass sie ebenso wissen, dass es für die Zukunft notwendig sein wird.

Shownotes
Generationengerechtigkeit
Mehr Solidarität in Sachen Rente
vom 29. April 2023
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartner: 
Jörg Tremmel, Politikwissenschaftler und Mitglied der "Stiftung Generationengerechtigkeit"