Extremwetterereignisse haben den Lauf der europäischen Geschichte beeinflusst. Ein Forschungsteam zeigt: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Klima und Aufständen – etwa bei der Französischen Revolution oder der Deutschen Märzrevolution.

Was hat ein Vulkan in Island mit der Revolution in Frankreich zu tun? So einiges, vermutet ein französisch-iranisches Wissenschaftsteam. Und das hat auch Konsequenzen für uns heute und unsere Zukunft. Aber fangen wir von vorne an:

In einer Untersuchung haben sich die Forschenden 140 Aufstände und Revolutionen in der Geschichte Europas mit den Wetter- und Klimabedingungen von damals in Verbindung gebracht. Konkret in den Blick genommen haben sie dabei die Jahre von 1250 bis 1860, als in Europa die sogenannte Kleine Eiszeit herrschte, erklärt Tina Howard von den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten.

Damals gab es erhebliche Temperaturschwankungen und in einigen Regionen wiederholt sehr kalte Winter. Oft gingen die einher mit heißen Sommern, außergewöhnlich langen Trockenphasen und aber auch heftigen Regenfällen.

Zusammenhang zwischen Klima und Aufständen

Den Forschenden ist dabei tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Klima und Aufständen aufgefallen. Beispiel Französische Revolution:

Ab 1770 war Frankreich von einer außergewöhnlichen Kältephase betroffen. Die europäischen Länder waren damals noch stark von der Landwirtschaft geprägt, auch Frankreich. Dass wegen des extremen Wetters Ernten ausfielen, traf das Land deshalb hart: Die Preise für Mehl, Brot und Co. schossen in die Höhe.

"Das war der ideale Nährboden für eine Revolution."
Tina Howard, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten

Die Menschen glaubten, dass die Getreidehändler extra Waren zurückhielten, um mehr Geld zu machen. Sie gingen auf die Straße. Im Frühjahr 1775 kam es zu einem Aufstand, dem sogenannten Mehlkrieg.

Im Jahr 1783 brach dann auch noch der isländische Vulkan Laki aus. Der Himmel in Europa verdunkelte sich – wieder gab es schlechte Ernten. Die folgenden Winter waren über Jahre bitterkalt.

Im Ergebnis war die französische Landwirtschaft bis 1788 um 20 Prozent geschrumpft. Und auch der Winter 1788/89 war richtig hart. Das gab den hungrigen Menschen wohl den Rest und brachte die Lage 1789 mit zum Explodieren.

Extreme Klimabedingungen können Krisen verstärken

Solche Auswirkungen lassen sich der Studie zufolge auch bei anderen Aufständen und Revolutionen beobachten, zum Beispiel bei der deutschen Revolution 1848. Auch hier gab es vorher heftige Winter, die in diesem Fall zu schlechten Kartoffelernten führten.

"Das führte zu Hunger und Armut und verstärkte dann die Forderungen nach mehr Rechten und Mitbestimmung."
Tina Howard, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten

Wichtig dabei, betont unsere Wissensreporterin Tina Howard: Das Team sagt, dass das Klima Krisen verstärkt, nicht, dass es Revolutionen verursacht.

Korrelation heißt nicht Kausalität

Nicht jeder Ernteausfall aufgrund von Extremwetter mündet ja automatisch in eine Hungerkrise. Das hängt auch etwa davon ab, wie ein Staat vorbereitet ist und wie er reagiert.

"Klima und Revolution, das ist kein Automatismus."
Tina Howard, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten

Klar ist: Klimaveränderungen und Extremwetterereignisse haben den Lauf der europäischen Geschichte geprägt. Manche mündeten in Aufstände, andere nicht. Wir tun gut daran, von der Geschichte für die Zukunft zu lernen.

"Mit dem Wissen, das wir heute haben, könnten die Auswirkungen auch abgefedert werden."
Tina Howard, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten
Shownotes
Vulkane und Kälte
Extreme Wetterphasen haben Revolutionen begünstigt
vom 03. September 2025
Moderation: 
Lena Mempel
Gesprächspartnerin: 
Tina Howard, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten