Dass Männer BHs oder Bustiers tragen, erwartet man vielleicht auf
avantgardistischen Modenschauen oder queeren Partys – es laufen aber
auch immer mehr Profisportler damit herum. Denn die in den
Brustgurt eingebauten GPS-Tracker liefern präzise Infos für Schiris und
Trainer und sollen so dabei helfen, die individuelle Performance zu optimieren.

Mit der Funktion, wegen der Menschen mit Brüsten Sport-BHs tragen, haben die Brustgurte für Männer nichts zu tun. Die besitzen hinten zwischen den Schulterblättern eine kleine Tasche, etwa so groß wie eine Streichholzschachtel – und dort steckt ein GPS-Tracker drin.

Der sammelt ganz viele Daten, zum Beispiel:

  • die genaue Position
  • die Herzfrequenz
  • die Geschwindigkeit
  • die gelaufene Distanz

Die Daten werden in Echtzeit auf den Computer des Trainers oder der Trainerin übertragen – so können Leistung und körperliche Belastung des Spielers sehr individuell ausgewertet werden.

Tracking als Service für Schiris

Das System kommt in vielen Sportarten zum Einsatz, nicht nur beim Fußball. In der Handball-Bundesliga ist es bei Spielen sogar Pflicht – allerdings nicht aus einem Wettkampfgedanken heraus oder um den Leistungsdruck zu erhöhen, sondern als Hilfestellung für die Schiris, weil das Spiel unglaublich schnell ist, erklärt Sportwissenschaftler Ingo Froböse.

"Gerade wenn es darum geht: Hat er nun in den Kreis getreten? Hier brauchen wir aufgrund des Gewusels mehr Informationen – und da hilft das Tracking."
Ingo Froböse, Sportwissenschaftler

Außerdem sind die Infos für Taktikfüchse relevant und hilfreich: Wann stand welcher Spieler wo und in welche Richtung ist er dann gelaufen? Wie lassen sich diese Laufwege optimieren? Wie können wir unsere Taktik noch weiter verbessern? Das GPS-Tracking ist Ausdruck dessen, dass der Sport immer weiter durchprofessionalisiert wird.

Große Clubs haben inzwischen alle Datenanalysten

Und wer soll die ganzen Daten auswerten? Antwort: Die Digitalisierung beseitigt oder verschiebt nicht nur manche Jobs – sie schafft auch neue. Die großen Bundesligaclubs haben inzwischen alle spezielle Datenanalyst*innen dafür eingestellt.

Wer regelmäßig Fußball schaut, wird mitbekommen haben, dass die Trainer*innen auf der Bank nicht mehr nur aufs Spielfeld, sondern immer häufiger auch auf Laptops schauen, wo ihnen die Assistent*innen zurückliegende Spielszenen auseinandernehmen. Auch für diese Re-Live-Analysen direkt am Spielfeldrand sind die von den Spielerbustiers übertragenen GPS-Daten relevant.

Fußball: Champions League, Achtelfinale Rückspiel, Real Madrid - RB Leipzig im Estadio Santiago Bernabeu. 06.03.2024. Fabian Friedrich (l-r), Leiter Spielanalyse, Co-Trainer Marco Kurth und Co-Trainer Alexander Zickler sitzen auf der Trainerbank.
© picture alliance/dpa | Jan Woitas
Die Spielanalysten und Co-Trainer von RB Leipzig starren beim Spiel gegen Real Madrid auf die Laptops (6. März 2024, Estadio Santiago Bernabeu)
"Spiel ist immer noch Spiel und wird zu 60-70 Prozent vom Zufall bestimmt."
Ingo Froböse, Sportwissenschaftler

Dass sich das Spielniveau im Profisport durch die GPS-Tracker jetzt massiv verändert hat, lässt sich allerdings nicht feststellen, sagt Sportwissenschaftler Ingo Froböse. Ein Spiel sei immer noch ein Spiel und werde zu 60-70 Prozent vom Zufall bestimmt.

Auf der individuellen Ebene lasse sich aber durch spezifisches Training einiges machen. Dieser Effekt bewege sich bei fünf bis zehn Prozent – was für den Spitzensport viel sei.

GPS-Tracker im Amateursport wenig sinnvoll

Im Amateurbereich hält Ingo Froböse dagegen nicht so viel von GPS-Trackern. Ohne die notwendigen personellen Kapazitäten sei es einfach schwer, die riesigen Datenmengen vernünftig auszuwerten.

Wenn überhaupt, können Amateursportler*innen vielleicht über eine Fitnessuhr nachdenken. Allerdings ist diese bei Wettkämpfen, etwa bei einem Fußballspiel in der Kreisliga, wegen der Verletzungsgefahr, gar nicht zugelassen. Und zudem liefert sie ja auch keine übergreifenden Lagedaten zum Zusammenspiel einer ganzen Mannschaft, sondern lediglich Infos zur individuellen Fitness.

Tipp: Aufs eigene Körpergefühl verlassen

Ob man diese Infos – etwa beim Joggen – sammeln möchte, muss jede(r) selbst entscheiden: Motiviert mich das überhaupt oder stresst mich das vielleicht sogar eher? Und: Kann ich solche Daten wie Sauerstoffsättigung oder Herzfrequenz überhaupt richtig interpretieren?

"Das Körpergefühl ist die wichtigste Größe, die ein Sportler hat, um vernünftig und sensibel mit sich umzugehen. Ein Tracker beschreibt nur äußere Merkmale."
Ingo Froböse, Sportwissenschaftler

Sportwissenschaftler Ingo Froböse empfiehlt statt Fitnessuhren etwas anderes: Vertrauen in das eigene Körpergefühl. Nur damit ließen sich Schwankungen in der Tagesform und auch Ermüdungserscheinungen am besten erfühlen.

Shownotes
GPS-Tracker
Deshalb tragen viele Sportler Bustiers
vom 18. April 2024
Moderation: 
Till Haase & Sebastian Sonntag
Gesprächspartnerin: 
Anne-Katrin Eutin, Deutschlandfunk Nova
Experte: 
Ingo Froböse, Sportwissenschaftler