Viele Segler sitzen gerade weltweit vor den Küsten fest und dürfen aufgrund der Einreiseverbote und Grenzschließung nicht an Land gehen. Das wird vor allem dann problematisch, wenn Wasser und Proviant ausgehen oder Stürme aufziehen.

Amos Groth, 35 Jahre alt, Segler aus Köln, sitzt seit fast zwei Wochen (Stand 01.04.2020) vor Portugal auf seinem kleinen Boot fest und darf nicht an Land gehen. Er ist nicht der Einzige: Siri Mannherr, die sich mit einer Online-Petition an das Auswärtige Amt wendet, steckt beispielsweise in der Karibik fest. Mit ihr mindestens 80 weitere deutsche Segler.

Heimlich an Lebensmittel kommen

In den ersten Tagen hatte Amos Groth noch genug Proviant an Bord seines kleinen, mit Regenbogenfarben bemalten Segelbootes. Doch das ist irgendwann ausgegangen. Die ersten Male hatte er sich nur in der Dunkelheit an Land getraut, mittlerweile habt ihn ein portugiesischer Bekannter dazu ermuntert, sich auch bei Tageslicht mit Lebensmitteln einzudecken.

"Ein Portugiese, mit dem ich vor Ort gesprochen habe, hat mich ermuntert, ein bisschen mehr zu wagen. Dementsprechend habe ich es die letzten Tage auch mal gewagt, bei Tageslicht an Land zu gehen."
Amos Groth, Segler

Ansonsten bleibt ihm nicht viel anderes übrig als zu abwarten. Er liest viel und hat Strom für sein Handy und seinen Laptop. Mit Youtube-Videos und einem Blog macht er auf sich aufmerksam und fordert nicht nur seine eigene Aufnahme an Land, sondern auch die der Geflüchteten, deren Lage er jetzt besonders gut nachvollziehen könne.

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Besonders frustrierend sei für Amos die Tatsache, dass er seit dem 8. Januar ununterbrochen in Portugal segeln war und die Wahrscheinlichkeit, dass er sich mit dem neuartigen Coronavirus angesteckt habe, gering sei. Er wolle zumindest die gleichen Rechte wie die Portugiesen an Land.

Segler in der Karibik

Auch die Segler in der Karibik werden langsam besorgt. Das kristallblaue Wasser und die Palmen kann vermutlich keiner mehr genießen. Ab Mai steht zudem die Hurricane-Saison an, bis dahin wollen sie alle wieder Land unter den Füßen haben.

Viele Segler täten sich in Whatsapp-Gruppen zusammen, um zu planen, wie es weitergehen soll, schreibt Siri Mannherr. In ihrer Petition wendet sie sich an die deutsche Regierung und fordert sichere Häfen für die Segler.

"Ich möchte im Namen aller Langfahrtsegler an die deutsche Regierung appellieren, dafür zu sorgen, dass es sichere Häfen in allen Ländern gibt."
Siri Mannherr, in der Petition "Sailing Home"

Sie schlägt vor, dass es zumindest Quarantänestege für die Segler geben sollte und eine gesicherte Versorgung mit Lebensmitteln und Diesel (für den Motor, wenn kein Wind geht bzw. zum Manövrieren im Hafen). Einige Seglerinnen hätten den Plan, genug Proviant und Diesel zu bunkern, um dann über den Atlantik nach Europa zu segeln. Doch auch dort ist es nicht gesichert, dass sie an Land gelassen werden.

Boote müssten zurückgelassen werden

Das Auswärtige Amt sagt, dass sich die Botschaften und Konsulate um das Problem kümmerten. Wie eine konkrete Hilfe aussehe, müsse von Fall zu Fall entschieden werden. Auch die Bundesregierung bemühe sich mit Hochdruck darum, die gestrandeten Seglerinnen per Flugzeug zurückzuholen.

Doch was passiert mit den Booten?

Transportlösungen für Segelboote könne die Regierung nicht anbieten. Die müssten also erstmal zurückgelassen werden. Für die Segler in der Karibik ist Heimfliegen und das Zurücklassen der Boote laut Siri Mannherr vorerst keine Option.

Update: Wir haben am 03.04.2020 erneut mit Amos Groth in Portugal gesprochen. Für Einkäufe geht er inzwischen an Land, auch wenn das offiziell nicht gestattet ist. Eigentlich befinde er sich bereits jetzt – wie gefordert – seit zwei Wochen in Quarantäne. Nachvollziehen kann er die rechtliche Situation nicht. Er befinde sich in einer unmenschlichen Situation. Das ganze Gespräch könnt ihr hier anhören.

Amos Groth, Segler
"Der Zustand ist inhuman in meinen Augen. Es ist einfach unmenschlich."
Shownotes
Grenzschließungen wegen Corona
Segler: weltweit auf See gefangen
vom 01. April 2020
Moderatorin: 
Tina Howard
Gesprächspartner: 
Dominik Peters, Deutschlandfunk-Nova-Reporter