Keiner darf mehr hinein in den Wald. Die Polizei hat alles abgesperrt. Tausende Menschen haben deshalb am Sonntag vor dem Hambacher Forst gegen dessen Abholzung und gegen Braunkohle demonstriert. Dlf-Korrespondentin Vivien Leue ist dabei gewesen.

Der Hambacher Forst ist ein Wald in Nordrhein-Westfalen, von dem nur noch etwa zwei Quadratkilometer erhalten sind. Er liegt direkt neben dem riesigen Braunkohletagebau Hambach und soll gerodet werden, damit dort weiter Kohle abgebaut werden kann. Der Wald gehört dem Energiekonzern RWE. Der Konzern darf also roden. Die Gegner argumentieren: Kohle sei klimaschädlich und Deutschland wolle ja aus der Kohle aussteigen.

Viele Beamte hatten am Sonntag mit dutzenden Polizeifahrzeugen den Wald umstellt, schildert Dlf-Korrespondentin Vivien Leue. Trotzdem haben es etwa 200 Menschen in den Wald geschafft, als eine größere Menge von Demonstranten die Kette der Polizisten durchbrochen hat. 

Demo am Hambacher Forst
© dpa
Polizisten begleiten die Demo und verhindern das Eindringen von Demonstranten in das "Gefahrengebiet Hambacher Forst".

Die Rodungen dürfen offiziell erst ab dem 1. Oktober geschehen. Der Energiekonzern RWE hat angekündigt, ab dem 14. Oktober zu roden, weil da nochmal ein Oberverwaltungsgericht entscheidet, ob der Wald möglicherweise schützenswert ist. 

Bäume wurden für Räumung gefällt

Trotzdem sind in den vergangenen Tagen schon einige Bäume gefallen, damit Lkw in den Wald hinein kommen. Denn die Baumhaus-Dörfer der Naturschützer liegen mitten im Wald. Um diese zu räumen und später abzubauen, müssen Kräne und Räumfahrzeuge in den Wald kommen.

Etwa 5000 Braunkohlegegner sind am Sonntag zum Demonstrieren gekommen. Darunter waren Studenten, Familien mit Kindern, ältere Menschen, Leute in Blusen genauso wie Leute mit Dreadlocks. 

"Dort demonstrieren nicht nur die, die sich seit langem für die Umwelt einsetzen, sondern viele, die jetzt denken: Es ist nicht richtig, was hier passiert. Ich muss hier auch mal meine Stimme erheben."
Vivien Leue, Dlf-Korrespondentin

Die Kohlekommission, die die Bundesregierung eingesetzt hat,  soll ermitteln, wann mit der Energiegewinnung durch Kohle Schluss sein soll. Laut Bahnvorstand Ronald Pofalla, Co-Vorsitzender dieser Kommission, soll dort über den Zeitraum 2035 bis 2038 für die Schließung der letzten Kohlekraftwerke gesprochen werden. 

Luftbild Tagebau Hambach und Hambacher Forst
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Diese Drohnen-Aufnahme zeigt den Tagebau Hambach und rechts oben das, was vom Hambacher Forst noch übrig ist.

Erst wenn die Kommission wirklich ein konkretes Datum festgelegt hat, kann über einen Abbaustopp verhandelt werden. Dann ist die große Hoffnung, dass der Hambacher Forst stehen bleiben kann. Aber es gibt viele Menschen, auch aufseiten der Naturschützer, die sagen, der Hambacher Forst ist verloren. Denn der Wald liegt direkt am Tagebaurand. Experten schätzen, dass die sehr steile Abbruch-Kante stark abgeflacht werden muss, damit keine Absturzgefahr bestehe. 

"Es gibt einen Hoffnungsschimmer für den Wald, aber der ist tatsächlich sehr klein, selbst bei früheren Ausstiegsdaten."
Vivien Leue, Dlf-Korrespondentin

Seit Montag geht es im Hambacher Forst weiter mit der Räumung des Waldstücks. Bis zum kommenden Wochenende (22./23.09.) will die Polizei damit fertig sein. Sie sagt, sie komme gut voran, weil die Waldbewohner passiven Widerstand leisten und nicht gegen die Polizei kämpfen. Fest steht, dass am nächsten Sonntag wieder Demonstranten zum Hambacher Forst kommen werden.

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Shownotes
Hambacher Forst
Tausende protestieren gegen Waldrodung
vom 17. September 2018
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Vivien Leue, Dlf-Korrespondentin für Nordrhein-Westfalen