Sandra renoviert gerade ihre Wohnung. Als der Flur fertig war, ist sie richtig stolz gewesen, das ganz alleine geschafft zu haben – und motiviert, weiterzumachen. Wie wichtig diese Selbstwirksamkeit für uns ist – und wie wir uns mehr zutrauen.
Sandra, 25, musste nach einer Trennung umziehen. Parallel hat ihre Mutter eine Eigentumswohnung verkauft und Sandra das Geld gegeben, um sich eine Wohnung zu kaufen. Fündig geworden ist sie in Augsburg. Allerdings hat sich später rausgestellt, dass die Wohnung renovierungsbedürftiger ist als gedacht. Ein größeres Projekt: der Flur.
"Im Flur wollte ich unbedingt Tapete machen. Und da war leider schon Raufasertapete drauf. Die wollte ich dann abmachen. Und irgendwann habe ich dann alle Tapeten abgerissen." Sandra hat zum ersten Mal tapeziert – und es hat direkt geklappt. Nach und nach hat sie dann immer mehr in der Wohnung gewerkelt.
Erfolge beim Renovieren motivieren
Sandras Vater ist Maler. Beim Tapezieren konnte sie sich also Tipps von ihm holen. Alles andere ist sie nach dem Motto "learning by doing" angegangen. "Irgendwie hat das auch Spaß gemacht. Und wenn man dann mal was geschafft hat und das sieht dann auch noch cool aus, dann macht es noch mal mehr Spaß. Und das motiviert einen".
Deshalb hat Sandra probiert, alles in der neuen Wohnung selbst zu renovieren.
"Wenn sich sehen lassen kann, was draus geworden ist – das ist der größte Motivations-Booster den man so haben kann."
Allerdings ist Sandra auch an ihre Grenzen gestoßen und es hat nicht alles geklappt, wie sie sich das vorgestellt hat. Dazu gehörte etwa das Abschleifen des Bodens. Das hat sie zusammen mit ihrem Vater erst selbst gemacht, am Ende aber dann doch einen Profi dazu geholt.
Der größte Fail: Boden schleifen
"Wir haben zwei Tage lang auf diesem Boden rumgehackt und sind nicht vorangekommen. Und dann haben wir im Endeffekt doch noch jemanden geholt, der es macht. Das war der größte Fail, weil es auch am teuersten war."
Das hat Sandra aber nicht demotiviert. Sie ist weiter dran geblieben. Auch, weil sie diese Selbstwirksamkeit erfahren hat.
So wichtig ist Selbstwirksamkeit
"Selbstwirksamkeit ist der Glaube an die eigenen Fähigkeiten. Dass wir selbst herausfordernde Situationen aus eigener Kraft meistern können", erklärt Katrin Velten. Sie ist Professorin für Bildung in der Kindheit an der Alice Salomon Hochschule in Berlin. Sie beschreibt Sandras Erfahrungen beim Renovieren als "beflügelndes Gefühl".
"Das ist ein beflügelndes Gefühl, weil ich merke, dass ich eine Sache kann und sich diese Situation für mich gut anfühlt."
Zwar lässt sich Selbstwirksamkeit nicht trainieren, sagt Katrin Velten. Wir könnten aber aufmerksamer auf Dinge schauen, die wir können. Und darauf, wie wir mit Herausforderungen umgehen.
Für Sandra gab es mehrere Herausforderungen bei ihrer Renovierung. Sie erinnert sich an die Stuckleisten, die sie selbst gemacht hat. "Auch wenn ich die so ein bisschen mit moralisch verwerflichen Methoden auseinandergeschnitten und hingeklebt habe. Jedes Mal wenn ich die sehe, denk ich mir: Das habe ich selber gemacht. Das sieht geil aus."
Sandra: Nicht ängstlich sein, einfach mal machen
So motiviert wie Sandra sind aber nicht alle. Viele von uns schieben handwerkliche Dinge gerne vor sich her – oder trauen sich einfach nicht, sie anzupacken. Sandras Tipp: Einfach machen. "Gar nicht alles zerdenken, sondern einfach mal wirklich anfangen. Im schlimmsten Fall macht man es einfach noch mal."
"Ich habe auch schon sehr viele Sachen verkackt. Das ist kein Weltuntergang."
Viele Tutorials schaut sich Sandra nicht an. Vielleicht mal eins, um zu sehen, wie andere die Sache angehen. Dann legt sie aber auch schon los. "Der Rest ist so ein bisschen die Logik dahinter. Ich denke mir dann: Ob das dann funktioniert oder nicht, das sehen wir dann."
Heimwerken-Kurse und DIY-Videos
Wer nicht ganz so viel improvisieren will wie Sandra, der holt sich vielleicht Tipps in einem Heimwerken-Kurs. Die bieten zum Beispiel Baumärkte an. Saskia gibt nebenberuflich solche Kurse. Sie bringt seit mittlerweile zehn Jahren anderen Leuten Handwerks-Skills bei. Skills, die sie sich selbst beigebracht hat – ohne handwerkliche Ausbildung.
"Um handwerklicher zu werden, rate ich immer: Kurse besuchen, mit Baumarktmitarbeitern sprechen, sich mit Handwerkern austauschen, aber sich auch auf Social-Media-Kanälen informieren", sagt Saskia. Ihr Eindruck ist, dass Menschen seit der Corona-Zeit immer mehr zu Hause handwerklich selber machen.
"Auf Tiktok oder Instagram kann man ganz vielen Jungs und Mädels folgen, die ganz tolle DIY-Projekte zu Hause machen."
Wer sich solche DIY-Videos anschaut, hat gegebenenfalls am Ende mehr Fragen als Antworten. Es gibt schlechtere und bessere Videos, sagt Saskia. Ein gutes Video lässt sich zum Beispiel daran erkennen, dass Creator*innen unterschiedliche Gegebenheiten – etwa verschiedene Wandmaterialien – berücksichtigen.
Unterschiedliche Voraussetzungen
"Wenn wir zum Beispiel ein Loch in die Wand bohren möchten, dann weiß der Creator gar nicht, was ich für ein Material zu Hause habe. Habe ich eine Betonwand, habe ich eine Stahlbetonwand oder habe ich einen Altbau, wo die Wand sehr sandig ist." Wichtig sei auch, dass in so einem Fall auf verschiedene Bohrmaschinen eingegangen wird. Denn klar: Nicht jede und jeder hat dasselbe Werkzeug zu Hause.
Natürlich müssen wir uns nicht jedes Werkzeug kaufen. Einiges können wir im Baumarkt oder bei Freunden ausleihen. Eine kleine, gut ausgestattet Werkzeugkiste, um kleine Reparaturen oder DIY-Projekte umzusetzen, sollte aber schon vorhanden sein, meint Saskia. Dazu gehört etwa:
- Akkuschrauber
- Bohrmaschine
- Zange
- Hammer
- Schraubendreher und Zubehör
Wann den Profi rufen?
Wichtig: Nicht alle handwerklichen Herausforderungen sollten wir selbst angehen. Saskia findet zum Beispiel, dass wir beim Einreißen von Wänden professionelle Hilfe in Anspruch nehmen sollten. "Das sind so Projekte, wo man den Vermieter in Kenntnis setzen müsste und dann würde ich definitiv Handwerker ins Haus holen. Oder auch bei Trockenbauwänden, wenn man da nicht so geübt ist."
Wer zur Miete wohnt, darf natürlich nur eingeschränkt Dinge in der Wohnung verändern. Löcher in die Wand Bohren ist ok. Es kann natürlich sein, dass die beim Auszug wieder zugemacht werden müssen. Problematisch wird es bei Dingen, die ihr verändert, aber nicht so einfach wieder rückgängig machen könnt. Im Zweifel solltet ihr immer mit Vermieter oder Vermieterin Rücksprache halten.
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