Unser Gehirn ist ein geniales Organ. Aber es lässt sich auch austricksen. Forscher haben dafür ein so einfaches wie beeindruckendes Experiment gemacht.

Das Experiment: Die Probanden werden an einen Tisch gesetzt. Sie legen beide Hände auf den Tisch - eine Hand mit der Handfläche, die andere mit dem Handrücken zur Tischoberfläche. Jetzt sollen sie mit beiden Hände eine Faust formen und wieder öffnen. 

Gleichzeitig wird die linke Hand unter einer schwarzen Kiste versteckt, die an der Seite einen Spiegel hat. Die Probanden sehen also die rechte Hand, wie sie immer wieder eine Faust macht, und das Spiegelbild. Das sieht für die Probanden so aus, als ob die linke Hand das gleiche macht wie die rechte Hand.

Plötzlich scheint sich die Hand zu bewegen

Der Effekt: Nach einer gewissen Zeit haben die Probanden das Gefühl, als ob sich ihre linke Hand dreht und zwar genau in die Position, die sie im Spiegel sehen.

"Die Probanden haben nach einer Weile in dem Experiment plötzlich gelacht und gesagt: Das ist komisch, es fühlt sich an, als ob sich meine Hand dreht, obwohl sie immer noch genauso wie vorher in der Kiste liegt."
Veronika von Borries beschreibt das Experiment der Wissenschaftler

Die Wissenschaftler der Universität Delaware tragen mit dem Experiment dazu bei, die Funktionsweise des Gehirns aufzuklären und die Frage zu beantworten: Woher weiß das Gehirn eigentlich, wo sich die einzelnen Körperteile befinden, auch wenn wir sie nicht sehen? Wieso können wir mit geschlossenen Augen treffsicher unsere Nasenspitze berühren?

Virtuelles Körper-Modell im Kopf

Die Forscher gehen davon aus, dass in unserem Hirn eine Art Modell unseres Körpers hinterlegt ist, das auch Informationen darüber hat, wie sich welche Gelenke bewegen, Muskeln dehnen oder sich anstrengen können. Deshalb kann das Gehirn genau abschätzen, wo sich unsere Hand gerade befindet, wenn es nach einem Wasserglas greift, ohne dass wir die Aktion mit den Augen verfolgen.

Visuelle Informationen schlagen Bewusstsein

Eine weitere Erkenntnis des Experiments: Es braucht eine Weile, bis das Gehirn sich reinlegen lässt. Erst verlässt es sich voll und ganz auf die Informationen aus dem Bewusstsein. Und es zeigt, wie unser Gehirn Informationen gewichtet. Visuelle Informationen scheinen höher gewichtet zu werden und setzen sich sogar gegen das Bewusstsein durch. 

Schließlich zeigte das Experiment auch, dass die Illusion der Handdrehung schneller und vollständiger eintritt, wenn die Bewegung einfach ist, also zum Beispiel den Handrücken von der Tischoberfläche nach oben dreht.

Shownotes
Hirnforschung
Wie sich unser Gehirn austricksen lässt
vom 02. August 2017
Moderator: 
Paulus Müller
Gesprächspartnerin: 
Veronika von Borries, Deutschlandfunk Nova