Erfindungen und Innovationen werden gerne als Erfolgsgeschichten erzählt. Fehlschläge und Flops fallen unter den Tisch. Ein Fehler, denn vom Scheitern kann man viel lernen. Ein Vortrag des Technikhistorikers Reinhold Bauer.
Wenn davon die Rede ist, dass "die Wirtschaft angekurbelt" oder ein Land "zukunftsfähig" gemacht werden soll, dann fällt ein Wort besonders oft: Innovation. Was damit genau gemeint ist, ist oft unklar, doch fast immer wird damit Erfolg verbunden.
"Wir brauchen eine neue Kultur, die es möglich macht, wirkliches Scheitern offen zu thematisieren und nicht nur Scheitern auf dem Weg zum letztendlichen Erfolg."
Das greift zu kurz, sagt Reinhold Bauer. Er ist Historiker und beschäftigt sich mit der Wirkungsgeschichte von Technik. Wenn Historiker davon erzählen, wie sich Technik fortentwickelt hat, dann ist das meist eine Fortschrittsgeschichte, sagt Bauer. Rückschläge und kleinere Misserfolge sind zwar häufig Teil dieser Erfolgsnarrative, doch die Geschichten von echten Fehlschlägen und Niederlagen werden meistens nicht erzählt, sagt Bauer.
Scheitern gehört zur Innovation dazu
Das ist ein Fehler, argumentiert er in seinem Vortrag. Denn Innovationen finden immer in einem Umfeld der Ungewissheit statt. Deshalb kann man vorher nie wissen, ob eine Idee oder eine Neuerung erfolgreich sein wird oder nicht. Scheitern gehört notwendigerweise zur Innovation dazu, sagt Bauer.
"Eine einmal gescheiterte Technologie kann durchaus zu einem späteren Zeitpunkt unter anderen gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen sehr erfolgreich werden."
Das sollten wir anerkennen und uns um eine bessere "Kultur des Scheiterns" bemühen. In seinem Vortrag erzählt er deshalb anhand von drei Beispielen aus der Technikgeschichte, was wir vom Scheitern lernen können: das Bildtelefon "Picturephone" der Firma AT&T, das in den 1960er-Jahren auf den Markt kam und bald wieder verschwand, das schwedische Plastikfahrrad "Itera" und der erste Mikrowellenofen in den 1940er-Jahren.
"Das Risiko des Scheiterns ist immer gegeben. Scheitern ist der Regelfall."
Reinhold Bauer ist Professor am Historischen Institut der Universität Stuttgart und leitet dort die Abteilung "Wirkungsgeschichte der Technik". Sein Vortrag hat den Titel "Wenn Innovation floppt: Die Anatomie des schöpferischen Scheiterns". Er hat ihn am 01. Juli 2025 in Karlsruhe gehalten im Rahmen der Wissenswoche NEULAND des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).
Hinweis: Unser Titelbild zeigt Robert Furman aus Bridgeport, Connecticut, der sich am 11. Mai 1965 per Fernverbindung in Gebärdensprache mit einer anderen gehörlosen Person im Disneyland in Los Angeles unterhält. Furman war einer von 30 Schülern der American School for the Deaf in West Hartford, Connecticut, die das Bildtelefon am Bell-Telephone-Stand auf der Weltausstellung in New York nutzten.
