Wir alle haben Vorurteile. Dafür können wir nicht mal was. Unser Gehirn hat nämlich automatisierte Arbeitsroutinen, die zwar nützlich sind, aber eben auch Stereotype und Vorurteile fördern. Allerdings: Wir sind unseren Synapsen nicht hilflos ausgeliefert. Wir können etwas dagegen tun, dass aus sinnvollen Denkstrukturen ausgrenzenden Einstellungen werden.
Damit wir in dieser komplexen Welt überhaupt klarkommen, muss unser Gehirn irgendwie die riesige Informationsflut verarbeiten, die nonstop auf uns einprasselt. Zum Beispiel macht es das, indem es Kategorien bildet. Egal, ob wir einen Pinscher oder einen Dobermann sehen, wir denken: Hund. Egal, ob rund, eckig, mit Lehne oder ohne, auf einem oder vier Beinen - wenn wir einen Stuhl sehen, erkennen wir ihn. Kategorisieren ist eine Art Lern- und Erinnerungsprozess, gespeist aus Erfahrung, der uns schnelle Entscheidungen ermöglicht und damit letztendlich lebens- und überlebensfähig macht. Er birgt aber auch die Gefahr, Dinge und Menschen falsch einzuordnen und so Stereotype und Vorurteile zu entwickeln.
"Das Einteilen in Kategorien und das Finden von Mustern in der Welt gehört zum menschlichen Denken dazu und ohne ist menschliches Denken gar nicht möglich."
Kategorien sind aber nicht die einzigen kognitiven Muster, die Vorurteile befördern. So neigen wir Menschen eher dazu, bei Bekanntem zu bleiben, als Neues auszuprobieren, erklärt der Heidelberger Sozialpsychologe Dennis Hebbelmann. Auch versuchen wir unbewusst, innere Konflikte zu vermeiden, indem wir eher solche Eindrücke wahrnehmen, die unsere bestehenden Ansichten bestätigen, als solche, die ihnen widersprechen. Und die Vorannahmen, die wir haben, bestimmen, wie wir Dinge wahrnehmen und einordnen. Auch fällt es uns schwer, von einer bereits vorhandenen Einstellung abzuweichen, weil der erste Eindruck mehr wiegt als die folgenden.
"Wir denken systematisch an der Realität vorbei."
In seinem Vortrag "Ausgrenzung beginnt im Kopf - Die Psychologie der Vorurteile" erklärt Dennis Hebbelmann, welche kognitiven Mechanismen zu Stereotypen und Vorurteilen führen und diese festigen. Er zeigt aber auch einen Weg auf, wie wir der Vorurteilsfalle ein Stück weit entkommen können. Seinen Vortrag hat er extra für uns im Studio gehalten, ursprünglich stammt er vom 19. Mai 2016, als Hebbelmann im Rahmen der Interdisziplinären Vortragsreihe Heidelberg (IVR) der Uni Heidelberg gesprochen hat, die vom dortigen Germanistischen Seminar organisiert wird.
"Möchte ich zu besseren Theorien über die Welt kommen, dann muss ich sie immer wieder auf die Probe stellen."
Dennis Hebbelmann ist Diplom-Psychologe und promoviert gerade im Arbeitsbereich Sozialpsychologie an der Universität Heidelberg über kausales Lernen. Außerdem arbeitet er dort auch als Dozent am Wirtschaftswissenschaftlichen Institut. In seiner Freizeit engagiert er sich außerdem im Asylarbeitskreis Heidelberg.
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