Fast hätte es in der US-Filmbranche ab heute einen Streik gegeben, zum Beispiel in Hollywood. Tausende Filmleute hinter den Kulissen hatten gesagt: So wie jetzt geht es nicht weiter, die Arbeitsbedingungen sind unmenschlich, wir haben die Nase voll.

Ein Streik hätte bedeutet: Viele Filme und Serien von zum Beispiel Netflix, Warner und Disney wären erst mal nicht weitergedreht worden. Am Wochenende hatten sich die Gewerkschaft der Filmleute IATSE (International Alliance of Theatrical Stage Employees) und die Organisation der Filmstudios auf bessere Arbeitsbedingungen geeinigt. Damit ist der Streik, der eigentlich heute hätte beginnen sollen, zunächst abgewendet.

Unzufriedenheit mit dem Deal

Doch das allerletzte Wort ist trotzdem noch nicht gesprochen, berichtet Ann-Kathrin Horn von den Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten. Denn viele Gewerkschaftsmitglieder sind nicht zufrieden mit dem Deal. Und damit der auch tatsächlich gilt, muss ihm die Mehrheit der Mitglieder noch zustimmen. Es könnte also sein, dass die Gewerkschaftsmitglieder sagen: Der Deal geht uns nicht weit genug. Das Ganze wird sich jetzt wohl über ein paar Wochen hinziehen. Möglicherweise kommt der Streik also doch noch.

Bei den Verhandlungen ging es vor allem um zwei Punkte:

  1. Mehr Lohn für Menschen, die für Streaming-Dienste arbeiten: Hier gibt es nämlich – Stand jetzt – noch alte Tarifverträge aus Zeiten, in denen die Streaming-Dienste noch nicht so erfolgreich waren. Die Beschäftigten sagen jetzt: Die Streaming-Dienste verdienen inzwischen richtig gut, daran wollen wir beteiligt werden. Mit den alten Verträgen, die niedrige Löhne ermöglichten, muss Schluss sein, wir wollen mehr Geld.
  2. Die Arbeitszeiten: Viele Kameraleute, Tonmenschen, Masken- oder Bühnenbildnerinnen und -bildner berichten von 14- oder sogar 16-Stunden-Tagen am Set bei einer Sechs-Tage-Woche. Wenn ein Film oder eine Serie gedreht wird, werde von ihnen erwartet, dass sie quasi ohne Pause durcharbeiten, sagen die Filmleute. Das sei keine Ausnahme, sondern der Dauerzustand in ihrem Job.

Die Gewerkschaft IATSE hat die Geschichten der Filmleute bei Insta gesammelt. Die berühmte amerikanische Filmindustrie "lebt von archaischen Arbeitsbedingungen", hat der Beleuchter Ben Gottlieb unserer Korrespondentin erzählt.

"Es ist brutal. Die Leute sind frustriert, dass diese berühmte amerikanische Industrie von diesen archaischen Arbeitsbedingungen lebt."
Ben Gottlieb, Beleuchter

Die Filmbranche hat besseren Arbeitsbedingungen inzwischen zwar zugestimmt, teilte die IATSE mit. Doch richtig viel über die Details ist leider noch nicht bekannt, nur sehr grobe Ergebnisse:

  • Die Gehälter sollen zum Leben reichen und jedes Jahr um drei Prozent erhöht werden.
  • Für die Arbeit bei Streaming-Diensten soll es mehr Geld und bessere Bedingungen geben.
  • Es soll härtere Strafen für die Studios geben, wenn es keine Essenspausen gibt.
  • Es muss zukünftig zehn Stunden Ruhepause geben: Wer bis 10 Uhr abends arbeitet, darf also am nächsten Morgen frühestens um 8 Uhr wieder anfangen.
  • Es muss stärker darauf geachtet werden, dass die Leute am Wochenende wirklich frei haben.

Auf Instagram haben Gewerkschaftsmitglieder zum Teil doch sehr enttäuschte Posts veröffentlicht, berichtet Ann-Kathrin Horn. Vielen gehen die Vereinbarungen nicht weit genug. Sie hätten sich zum Beispiel erhofft, dass auch bessere Regelungen zur Krankenversicherung der Filmleute herausgesprungen wären.

Der IATSE-Vizepräsident dagegen hat dem Sender NPR gesagt, der Abschluss sei ein guter Deal und er gehe davon aus, dass ihm die Mehrheit am Ende zustimmen wird.

Shownotes
Schlechte Arbeitsbedingungen
Streik in US-Filmindustrie gerade noch abgewendet
vom 18. Oktober 2021
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Ann-Kathrin Horn, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten