In Computerspielen dürfen wir ja andauernd die Erde retten: vor fiesen Aliens, durchgeknallten Bösewichten oder Terroristen mit Superwaffen. Wir können sie aber auch vor realen und alltäglichen Bedrohungen retten – wie dem Klimawandel. Nachhaltig zocken, geht das? Wir stellen euch das Klimawandel-Game "Imagine Earth" vor.
"Imagine Earth" fängt ziemlich düster an: Im Echtzeit-Aufbauspiel des deutschen Indie-Studios Serious Brothers ist die Erde durch hemmungslose Ausbeutung und Umweltverschmutzung zu einem lebensfeindlichen Schlackehaufen geworden. Die Technologie ist allerdings schon so weit, dass die Menschheit das Weite suchen kann – Millionen und Abermillionen fangen an, neue Planeten zu besiedeln.
"Since we developed the tech to enter hyperspace, a race to other inhabitable planets has startet between the big corporations. In search of unlimited growth they leave earth exploited and it’s enviroment devasteted."
Die Spielerinnen und Spieler von "Imagine Earth" haben die Aufgabe, der Menschheit die Zukunft im Weltall zu sichern und auf verschiedenen Planeten neue Kolonien aufzubauen.
Flucht auf den Planeten Tuto
Los geht es mit dem winzigen Planeten "Tuto". Er ist so winzig, dass Hochhäuser und Berge weit ins All hinausragen, beschreibt es Deutschlandfunk-Nova-Games-Experte Thomas Ruscher. Dort entsteht die erste Stadt: Eine Art Rettungskapsel, die auf den Planeten geschmissen wird, wird zur Zentrale und dem neuen Mittelpunkt der Kolonie. Und diese müssen die Spielerinnen und Spieler dann zum Leben erwecken: Lebensmittel, Energie, Rohstoffe – all das muss natürlich produziert werden.
Problem: Am Anfang war Thomas gezwungen, Kohlekraftwerke zu bauen. Nach dem Energieträger der Zukunft klingt das jetzt nicht gerade. Doch in dem Spiel halten zunächst große Technologie-Konzerne die Rechte an der Solar-, Windkraft- und Biomasseenergie – die muss man als Spieler oder Spielerin erst lizensieren. Direkt am Anfang geht das aber noch nicht. Wer saubere Energie haben will, muss also tief in die Tasche greifen.
"In dem Spiel halten zunächst große Technologie-Konzerne die Rechte an der Solar-, Windkraft- und Biomasseenergie – die muss man als Spieler oder Spielerin erst lizensieren."
Darauf hatte Thomas aber erst mal keine Lust. Ganz im Gegenteil: Er wollte testen, wie weit er gehen kann, wenn er seine guten Absichten über Bord wirft.
"Ich wollte wissen: Wie weit kann ich gehen? Also habe ich auf jeden freien Flecken meiner Kolonie Fabriken hingesetzt – Atomkraftwerke, Kohlekraftwerke – und habe alle Wälder abgeholzt."
Indem er auf jeden freien Flecken seiner Kolonie Fabriken baute und alle Wälder platt machen ließ, wurde er sehr schnell sehr reich. Die Warnungen von Wissenschaftlern, dass die Temperaturen dauerhaft ansteigen könnten und das Katastrophen mit sich bringe, hat er alle schön ignoriert und weitergemacht.
Klimawandel im Schnelldurchlauf
Und so hat er den Klimawandel im Schnelldurchlauf miterlebt: Die Zahl der Katastrophen – vor allem Tornados und Überflutungen – stieg drastisch. Waldbrände hingegen nicht, denn Wälder gab es auf seinem Planeten ja nicht mehr.
Thomas konnte zuschauen, wie die Pole nach und nach schmolzen und die Erde von "Imagine Earth" zu einem lebensfeindlichen Schlackeloch wurde. Unser Games-Experte hatte seine neue Erde, seine Kolonie, also in kurzer Zeit in ein lebensfeindliches, verstrahltes Sumpfloch verwandelt. Game Over. Oder wie es im Spiel heißt: Earth Over. Der Planet ist hinüber und Thomas als Kolonie-Manager kommt vor Gericht.
Klimafreundlich geht auch
Ihr könnt euch vorstellen, dass man "Imagine Earth" auch anders spielen kann! Und natürlich hat das Thomas in weiteren Durchläufen dann auch gemacht.
In Forschung investieren, klimafreundliche Energiequellen erschließen, grüne Technologien einsetzen – all das ist möglich. Aber eben auch bedeutend anstrengender als der klimakillende Weg zum schnellen Geld. Denn man muss auch die anderen Großkonzerne und die interstellare Gemeinschaft auf einen gemeinsamen Nenner bringen.
"In den besten Momenten ist 'Imagine Earth' ein spitzer Kommentar auf unsere Wirklichkeit."
In den besten Momenten ist "Imagine Earth" ein spitzer Kommentar auf unsere Wirklichkeit, sagt Thomas Ruscher. Nicht nur in Sachen Klimawandel, sondern auch in Bezug auf die aktuelle Corona-Politik.
Was er damit meint – und was es mit einer Seuche unter den außerirdischen "Byrons" im Game zu tun hat – könnt ihr euch im Audio oben anhören. Darin erfahrt ihr auch, welche weiteren Games sich mit dem Klimawandel beschäftigen, etwa "Humankind", "Exit Klimakrise" oder "Endzone – A World Apart".