Die Zahl der Milliardäre nimmt rasant zu. Wie sie in Zukunft besteuert werden sollen, damit beschäftigen sich aktuell alle Parteien im Bundestagswahlkampf. Unternehmer Sebastian Klein sagt, der Anstieg ist eine Gefahr für die Demokratie und hat deswegen selbst eine radikale Entscheidung über sein Vermögen getroffen.
Sebastian Klein und drei seiner Freunde aus dem Studium haben eine Idee: Sie wollen Bücher in kürzerer Zeit lesen – sich also ganz viel Wissen aneignen, mithilfe von guten Notizen. Dafür wollen sie aber nicht Wochen oder Monate brauchen. Aus dieser Idee wird 2012 die App Blinkist. Und die wurde zum Erfolg. Blinkist wächst und wächst – und damit auch Sebastians Vermögen.
Er wird reich. Sebastian spricht allerdings eher von überreich. Und das ging schon früh los, sagt er: "Mit so ein paar Millionen Euro hatte ich das Gefühl, ich verwende viel zu viel Zeit darauf, ständig über Geld nachzudenken und mich zu sehr darüber zu definieren."
Erst verschuldet, dann Millionen auf dem Konto
Vier Jahre nach Gründung von Blinkist ist Sebastian aus dem operativen Geschäft ausgestiegen und war nur noch als Miteigentümer involviert. In den Jahren darauf hat er nach und nach seine Anteile verkauft. Allein dadurch wurde er schon zum Millionär, erzählt Sebastian. 2023 wurde die Firma dann ganz verkauft. Dadurch wurde er dann auf einen Schlag noch mal reicher. Und es waren etwas mehr als fünf Millionen Euro, die er besaß.
"Dann hab ich mir ein teures Fahrrad gekauft, einen Anzug, hab mir eine Küche einbauen lassen, und dann ist mir aber relativ schnell nichts mehr eingefallen, was ich mit dem Geld machen konnte."
Sebastian erzählt, dass er aber auch die andere Seite kennt: "Die ersten Jahre als Unternehmer war ich immer pleite, verschuldet und hatte nie genug Geld, um mir irgendwas zu kaufen, was über die Basics hinausging. Als ich dann zum ersten Mal Anteile verkauft habe, hab ich mich dann schon gefragt, was kann ich mir denn jetzt mal gönnen." So richtig viel ist ihm aber nicht eingefallen.
Warum einer der Blinkist-Gründer seine Millionen abgegeben hat
Für Sebastian war immer klar, der größte Teil seines Geldes soll wieder in Organisationen fließen, wo mit dem Geld gearbeitet und gewirtschaftet werden kann, erzählt er. Deshalb hat Sebastian sich sozusagen selbst enteignet. Er hat 90 Prozent seines Vermögens in eine gemeinnützige Struktur überführt.
Der Grund: Sebastian hat sich immer mehr mit dem Thema "Ungleichheit" beschäftigt. Für ihn ein großes gesellschaftliches Problem. "Ich hab dann gemerkt, jetzt wo ich so reich geworden bin, bin ich ja Teil dieses Problems. Ich kann da jetzt nicht mehr so abstrakt drüber reden."
"Menschen zu sehen, die obdachlos sind oder Pfandflaschen sammeln – das fand ich schon schwierig, zu wissen, man hat selber mehr Geld, als man eigentlich braucht."
Sebastian findet, dass reiche Menschen mehr Einfluss haben. Beispiel: Tech-Milliardär und X-Besitzer Elon Musk. "Elon Musk hat sich mit riesigen Parteispenden Zugang zur Politik gekauft. Und er hat sich die Kontrolle über eines der wichtigsten Kommunikationsmittel gekauft. Und das sind nur einige Beispiel, wie ich als Reicher wahnsinnig viel Einfluss nehmen kann."
In diesen Dimensionen ist Sebastian nicht unterwegs. Aber auch er hat gemerkt, was Geld bewirken kann. "Ich kann Geld für Lobbyismus ausgeben oder werde auf Veranstaltungen eingeladen, wo Politiker sind." Und das passt für Sebastian nicht zum Demokratieversprechen: "Es ist dann nicht pro Person eine Stimme, sondern pro Euro eine Stimme."
"Reiche sollten stärker besteuert werden"
Als positives Beispiel sieht Sebastian die Millionenerbin Marlene Engelhorn. Die deutsch-österreichische Sozialaktivistin hat einen großen Teil ihres Vermögens gespendet. Sie ist auch bekannt für ihre Forderung nach Vermögenssteuern. Sebastian findet, Reiche müssten ja nicht ihr komplettes Vermögen abgeben. Aber ein Teil könnte schon helfen, damit andere in der Gesellschaft besser leben können.
In Deutschland stammt laut einer aktuellen Studie der gemeinnützigen Organisation Oxfam das meiste Vermögen aus Erbschaft. Für Sebastian ist die Erbschaftssteuer aber zuletzt zu stark ausgehöhlt worden. Er ist dafür, dass Menschen, die am meisten erben, auch am meisten Steuern zahlen: "Es ist auch niemandem zu vermitteln, warum jemand, der 300 Wohnungen erbt, keine Erbschaftssteuer zahlt. Jemand der drei Wohnungen erbt, bezahlt sie aber.".
"400 Milliarden Euro pro Jahr werden ungefähr vererbt und verschenkt, und ein bis zwei Milliarden Euro landen dann im Jahr als Steuer in den Gemeinschaftskassen. Das ist viel zu wenig."
Für Sebastian Klein wäre ein radikaler Schritt gut. Deshalb engagiert er sich auch bei der Initiative taxmenow. Für Sebastian ist es auch nicht zwingend nötig, dass Reichtum komplett gleich verteilt ist. "Ich glaube, es wird immer Menschen geben, die reicher und ärmer sind. Ich glaube nur, diese krassen Unterschiede, dass die Hälfte der Bevölkerung nichts besitzt und ein paar tausend Leute 20 Prozent von allem, das ist ein viel zu hohes Maß an Ungleichheit."
Vermögensteuer: Parteien haben unterschiedliche Positionen
Bislang ist es in Deutschland so, dass Steuern auf Einkommen oder auf eine Erbschaft gezahlt werden – aber nicht auf das Vermögen. Einige Parteien wollen das ändern. Dazu gehören SPD, Grüne, BSW und Linkspartei. Sie finden, Vermögende sollten höher besteuert werden. FDP, AfD und Union dagegen wollen das nicht. Ihr Argument ist, so eine Steuer würde der Wirtschaft eher schaden.
Bis 1996 gab es in Deutschland auch schon eine Vermögensteuer. Sie wurde dann allerdings ausgesetzt. Seitdem gibt es immer wieder Überlegungen, sie wieder einzuführen, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Jens Többen. Im laufenden Bundestagswahlkampf ist das Thema wieder größer geworden.
Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de