Millionenerbin Marlene Engelhorn findet ihren Reichtum nicht gerecht. Und die Macht, die damit einhergeht, auch nicht. Deshalb spendet sie fast 25 Millionen an rund 80 Organisationen, die sich für eine gerechtere Welt einsetzen. Der Sozialunternehmer Felix Oldenburg sagt aber: Privatvermögen ist eine gute Sache. Mit seinem Start-up will er jedem die Chance geben, unkompliziert Geld zu stiften.
Wenn 25 Millionen Euro aufs eigene Konto eintrudeln, könnte man das durchaus als Checkpot bezeichnen. Marlene Engelhorn hingegen bezeichnet die Summe als absurd. Sie ist Millionenerbin. Ganz genau hat sie 27 Millionen Euro geerbt und sich dann entschlossen 90 Prozent davon, also jene 25 Millionen, wegzugeben. Ihr Argument: Andere brauchen das Geld mehr als ich.
Forderung: Eigentum an Pflichten koppeln
Doch arm ist Marlene nun keineswegs. Zwei Millionen sind noch übrig. Daher sagt sie: "Egal was passiert, ich falle weich". Doch sie sagt auch: "Die meisten anderen in unserer Gesellschaft tun das nicht". Deswegen plädiert sie für eine viel stärkere soziale Sicherheitsstruktur. Sie hat außerdem große Visionen für einen gerechteren, demokratischeren Umgang mit Geld. Für ihr Vorhaben, die 25 Millionen wegzugeben, bekam sie viel Öffentlichkeit und löste eine regelrechte gesellschaftliche Debatte aus.
"Die Bevölkerung will urgern über ihre Realitäten mitentscheiden. Man muss sie nur lassen"
Ein extra ins Leben gerufener Bürgerrat sollte entscheiden, wer die 25 Millionen Euro bekommt. Marlene zog sich komplett aus dem Entscheidungsprozess heraus. Inzwischen steht fest, dass das Geld an knapp 80 verschiedene Organisationen und Vereine verteilt wird und unterschiedlichste Themen abdeckt von Klima und Umwelt, leistbares Wohnen, Gesundheit und Soziales bis zu Integration und Bildung.
"Mir war wichtig, so nah wie möglich an die Demokratie heranzukommen und so transparent wie möglich zu agieren."
Marlene will nicht, dass eine einzelne Person über so viel Geld verfügen kann. Das ist nicht demokratisch, sagt sie. Vielmehr hätte sie sich gewünscht, das Geld dem Staat über die Erbschaftssteuer zur Verfügung zu stellen. Doch die gibt es in Österreich, wo Marlene lebt, nicht.
Erbschaftssteuer als Mittel gegen Armut?
Obwohl es in Deutschland eine Erbschaftssteuer gibt, kritisiert Marlene sie als zu niedrig. Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven gibt ihr indirekt recht. In Deutschland liegt die Erbschaftssteuer zwischen sieben und 50 Prozent. Wobei mal schon in einer sehr miesen Steuerklasse sein muss und über 26 Millionen Euro vererbt bekommen muss, um den Höchstsatz zu zahlen, sagt Nicolas Lieven. Für gewöhnlich wird ein Erbe mit zwischen elf und 15 Prozent versteuert, hinzukommen Freibeträge von vier- bis fünfhundert Tausend Euro für Ehepartner*in oder Kinder.
Dabei könnte eine höhere Erbschaftssteuer dem Staat viel Geld in die Kasse spülen. Es gibt auch die These, dass es ein Weg wäre, die faktisch immer wieder größer werdende Schere zwischen Arm und Reich zu schließen.
"Die Zahl der Millionäre, aber auch das Vermögen in Deutschland und weltweit sind gestiegen."
Ein Argument gegen eine Erbschafts- oder auch Vermögensteuer ist, dass die Unternehmer, zum Beispiel eine Familie, sich ihren Wohlstand oder gar Reichtum hart erarbeitet hat. Das mag sein, erwidert Marlene. Doch man könne nicht ewig mit der harten Arbeit argumentieren, die die Generationen vorher verrichtet haben. Zumal das Erwirtschaften von Reichtum zum großen Teil durch staatliche Subventionen unterstützt und erst durch Angestellten möglich gemacht wird. Kurzum: Wer viel hat, sollte zurückgeben.
Die Idee, "privates Geben" leichter zu machen
Das sieht auch Felix Oldenburg so. Er ist ehemaliger Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und heute Social Entrepreneur. Mit seinem Unternehmen will er es jedem und jeder ermöglichen, eine Stiftung zu gründen.
"Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der wir geben wollen."
In Deutschland eine Stiftung zu gründen ist sehr kompliziert, sagt er. Dabei sei die Stiftung an sich ein hervorragender Weg, Geld umzuverteilen und zu einem bestimmten Zweck zur Verfügung zu stellen. Denn privates Geld werde viel öfter in vielversprechende, aber riskante Vorhaben gesteckt als Geld, das der Staat zur Verfügung stellt. Als anderes Beispiel nennt er Nischen, wie es vor Jahren die LGBTQ-Initiativen waren, die der Staat für Förderungen noch nicht im Blick hat.
So gegensätzlich Marlenes und Felix' Ansätze sind – sie sieht den Staat in der Pflicht, Geld umzuverteilen, er setzt den Fokus auf privates Vermögen – eines haben die beiden gemeinsam: die Vision von einer Welt, in Geld gerechter verteilt ist und denen zugutekommt, die es benötigen. Und das werden immer mehr.
Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de