Günstigen Wohnraum schaffen in einer Stadt, in der es kaum Platz gibt, um neu zu bauen. Der Initiative "Konstanz 83 / Raumteiler" gelingt das. Sie bringt seit einigen Jahren Wohnungssuchende mit Menschen zusammen, die über sehr viel Wohnraum verfügen, sich aber bisher nicht zum Vermieten durchringen konnten.
Teure Mieten, kaum Wohnraum - dieses Problem kommt längst nicht mehr nur in Großstädte vor. Auch in Konstanz ist der Wohnungsmarkt seit Jahren extrem eng – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Stadt ist begrenzt durch die Schweiz, den Bodensee, den Rhein und durch Naturschutzgebiete. Viel Platz, um neue Wohnungen zu errichten, gibt es dort also nicht.
Der Konstanzer Till Hastreiter hatte aber eine Idee, wie man trotzdem neuen Wohnraum schaffen kann – ganz ohne neu zu bauen, zu sozialen Preisen und mit dem Nebeneffekt, Menschen am Rande der Gesellschaft besser zu integrieren.
Zunächst eine Hilfe für Geflüchtete aus Syrien
Vor sechs Jahren hat er zusammen mit anderen den Verein "Konstanz 83 integriert" gegründet. Anfangs ging es darum, bezahlbaren Wohnraum für Menschen zu finden, die vor dem Krieg in Syrien geflüchtet sind. Die Zahl 83 steht für das damals gesteckte Ziel: Konstanz hatte damals 83.000 Einwohner – entsprechend sollte für 83 Flüchtlinge ein Zimmer oder eine Wohnung gefunden werden. Also eine Unterkunft pro tausend Einwohner.
"Eine Wohnung in Konstanz wird mittlerweile zwischen 12 und 15 Euro pro Quadratmeter gehandelt. Kalt. Jemand, der wenig Geld verdient, kann maximal 8 oder 9 Euro bezahlen."
Bis heute hat der Verein mehr als 200 Wohnungen und Zimmer vermittelt. Weil er so erfolgreich war, ist inzwischen ein viel größeres Projekt daraus geworden: Unter dem Titel "Raumteiler" macht das Modell auch in anderen Gemeinden in Baden-Württemberg Schule. Viele Städte und Kommunen vermitteln Wohnraum zu sozialen Preisen – nicht mehr nur an Geflüchtete, sondern generell an Menschen, die anders keine Wohnung finden würden.
Aktivieren von bestehendem Wohnraum
Während viele Menschen vielleicht in einem kleinen WG-Zimmer wohnen, gibt es auf der anderen Seite Menschen, die allein oder zu zweit in sehr großen Wohnungen oder Häusern leben. Genau da setzt die Idee von "Raumteiler" an, erklärt Till Hastreiter: Nutzbar sind zum Beispiel das Zimmer der ausgezogenen Kinder, die Souterrain-Wohnung oder auch ein Bereich einer sehr großen Wohnung, den man abteilen kann.
"Manchmal gibt es sogar eine ganze leerstehende Etage, weil ältere Leute nicht wissen, was sie damit machen sollen, es aber finanziell auch nicht nötig haben, sie zu vermieten – und den Aufwand scheuen."
Der Verein sucht Menschen, die Wohnraum haben und bereit sind, ihn unter dem üblichen Marktpreis zu vermieten. Profitieren sollen aber auch sie. Deswegen bietet der Verein Hilfe an, die es auf dem normalen Mietmarkt nicht gibt – etwa Unterstützung, wenn ältere Menschen ein Zimmer übrighaben, aber nicht wissen, wie sie es entrümpeln sollen. Oder Hilfe bei den Formalitäten.
"Persönliche Anknüpfungspunkte"
Vor allem aber sollen Vermieter und Mieter zusammenpassen: "Wir schauen, dass die Leute persönliche Anknüpfungspunkte haben", sagt Till Hastreiter. Beispiele: Ein Handwerker kommt zu einem Handwerker. Oder jemand, der einen großen Garten hat und das vielleicht alleine nicht mehr schafft, braucht jemanden, der Lust hat, ab und zu im Garten zu helfen.
Wenn Till Hastreiter für seinen Verein wirbt, rechnet er vor, dass durch die Arbeit des Vereins Wohnraum entsteht, der ansonsten hätte gebaut werden müssen. Abgesehen davon, dass die Stadt also Geld einspart, sieht er noch einen viel größeren Gewinn – für die ganze Gesellschaft: Städte mit gemischten Milieus seien sozial friedlicher und dadurch gesünder.
"Städte, die gemischte Milieus haben – also, wo Schlechtverdiener neben Gutverdienern wohnen – sind einfach gesündere, weil sozial friedlichere Städte."
Das absolute Gegenteil von diesem dezentralen Wohnen seien Wohnheime, ob für Geflüchtete, Obdachlose oder Menschen mit wenig Geld.