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Die israelischen Luftangriffe setzen das iranische Regime unter Druck. Schauspielerin Elmira Rafizadeh floh als Kind, schwieg – und erhebt nun ihre Stimme. Unser Korrespondent glaubt, dass Israel mittelfristig auf einen Machtwechsel hinarbeitet.

Israel greift den Iran nun seit dem 13. Juni 2025 massiv aus der Luft an. Ziele sind offenbar der militärisch-atomare Komplex, allgemein Militäreinrichtungen und die Machtelite des Landes. Auch Ziele innerhalb von Wohngebieten sind angegriffen worden. Beobachtende gehen davon aus, dass die weitaus meisten Opfer der israelischen Angriffe Zivilisten sind.

Iran hat mit schweren Raketen- und Drohnenangriffen auf Israel – insbesondere auf Tel Aviv – reagiert. Das Land droht mit Angriffen auf amerikanische, britische und französische Militärbasen in der Region. Ob die USA unmittelbar militärisch auf Seiten Israels in den Konflikt eintreten, ist bislang offen (Stand 16.06.2025).

Protest im Iran

Die iranischen Machthaber halten sich seit Jahren nur durch massive Unterdrückung und Gewalt an der Macht. Sie begründen ihre Machtfülle religiös. Ihr Oberhaupt ist Ali Khamenei. Sein gegenwärtiger Aufenthaltsort ist nicht bekannt (Stand 16.06.2025).

Die letzten Massenproteste gegen das iranische Mullah-Regime gab es 2023 und 2022. Anlass war die Tötung von Jina Mahsa Amini im Zusammenhang mit einer Kopftuchkontrolle durch iranische Sicherheitskräfte und der Jahrestag ihres Todes.

Tenor von Protesten im Iran sei stets: "Wir brauchen keine Gewalt von außen und keinen militärischen Support", sagt Elmira Rafizadeh. Die Schauspielerin ist als Kind aus dem Iran geflohen und lebt heute in Deutschland. Der Westen habe die Protestbewegung in Iran im Stich gelassen, statt die iranische Machtelite konsequent ökonomisch zu sanktionieren: "Das ist eine Bevölkerung, die von der eigenen Regierung seit 46 Jahren als Geiseln gehalten wird."

Zivile Opfer

Angesichts der israelischen Gewalt sei nun nicht einmal mehr Flucht eine Option: "Jetzt ist der Verkehr so weit eingeschränkt, dass die Menschen, die ohnehin schon in diesem Gefängnis festsitzen, es jetzt schwerer haben, rauszukommen." Elmira Rafizadeh ist überzeugt, dass Kriege niemals ohne den Tod Unschuldiger oder deren Verwundung geführt werden können. Allem Gerede von "präzisen Angriffen" zum Trotz. "Man kann und wird es nicht vermeiden können, dass Zivilisten darunter leiden. Im Iran gibt es schon Todesopfer", sagt sie.

"Die Freiheitsbewegungen im Iran, die Bevölkerung im Iran, wurde von der westlichen Welt einfach im Stich gelassen."
Elmira Rafizadeh, Exil-Iranerin, Schauspielerin und Unternehmerin

Elmira Rafizadeh weist darauf hin, dass weiterhin Geschäfte mit dem Mullah-Regime gemacht werden, dass keine wirklich wirksamen Sanktionen stattfinden, dass die Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden nicht auf den Terrorlisten stehen, dass die Banken der Revolutionsgarden weiterhin in Deutschland ihren Geschäften nachgehen können.

Die exil-iranische Schauspielerin und Unternehmerin Elmira Rafizadeh
© Elmira Rafizadeh
Die exil-iranische Schauspielerin und Unternehmerin Elmira Rafizadeh

Zwar haben die israelischen Luftangriffe die Führungsstruktur der iranischen Armee und der sogenannten Revolutionsgarde, ein zweiter Arm des Militärs, offenbar fast komplett ausgeschaltet, Freude oder Erleichterung sei bei iranischen Zivilisten nicht wahrnehmbar, sagt Benjamin Weber. Er ist ARD-Korrespondent für Iran mit Sitz in Istanbul.

"Diese Schadenfreude hat sich verflüchtigt. Jetzt ist es Angst vor diesem Krieg und vor der eigenen Sicherheit."
Benjamin Weber, ARD-Korrespondent für Iran, Syrien und Zypern mit Sitz in Istanbul

Die völlige Ausschaltung der Luftabwehr bedeute einen massiven Gesichtsverlust für das iranische Regime nach innen – zusätzlich zu den konkreten militärischen und personellen Verlusten. Als Befreier werde Israel deswegen allerdings im Iran gewiss nicht wahrgenommen. "Israel an sich ist immer Feind", sagt Benjamin Weber.

"Es geht Israel eher darum, Regime-Change im Iran auf lange Sicht, auf mittelfristige Sicht, herbeizuführen."
Benjamin Weber, ARD-Korrespondent für Iran, Syrien und Zypern mit Sitz in Istanbul

Er meint, dass der israelische Premier Benjamin Netanjahu eher versuche, die Protestbewegung im Iran für sich zu instrumentalisieren, wenn er zum Widerstand gegen das Regime aufruft. So wie er es am 13.06.2025 während einer Ansprache unmittelbar nach der ersten Welle israelischer Luftangriffe gegen den Iran getan hat.

Für die Bevölkerung im Land kämen die israelischen Angriffe, die militärische Gewalt, zu den massiven wirtschaftlichen Problemen – Inflation, Arbeitslosigkeit zum Beispiel – und der fehlenden Meinungsfreiheit schlicht noch hinzu.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Mittlerer Osten
Angriff auf Iran: Wackelt die Macht der Mullahs?
vom 16. Juni 2025
Moderation: 
Marcel Bohn
Gesprächspartnerin: 
Elmira Rafizadeh, Schauspielerin aus Köln, geboren in Teheran
Gesprächspartner: 
Benjamin Weber, ARD-Korrespondent mit Sitz in Istanbul