Die Hinrichtungen im Dezember waren für viele Protestierende im Iran ein Schock. Die Demonstrationen halten an, sind aber etwas weniger geworden.
Die Proteste im Iran scheinen nachgelassen zu haben, sagt Karin Senz, unsere Korrespondentin für den Iran. Sie nimmt an, dass das mit den beiden Hinrichtungen von iranischen Regimegegnern im Dezember zu tun hat, von denen eine öffentlich war.
"Das war für die Demonstrantinnen und Demonstranten ein echter Schock."
Obwohl iranische Protestierende wissen, dass sie, wenn sie auf die Straße gehen, schwer verletzt oder sogar getötet werden können, war es für sie ein echter Schock, die Hinrichtungen mitzuerleben.
Der Druck habe sich insgesamt weiter erhöht, sagt Karin Senz. Inzwischen fordern auch religiöse Gemeinschaften, dass Urteile für Hinrichtungen schneller vollstreckt und dass andere Strafen, etwa die Amputation von Händen und Füßen, eingesetzt werden sollen.
Luftholen vor nächster Protestwelle
Karin Senz geht davon aus, dass die Demonstrierenden sich inzwischen darauf eingestellt haben, dass dieser "revolutionäre Prozess" – wie viele die andauernden Proteste und den zivilen Ungehorsam nennen – länger andauern wird. Das Abflachen deutet sie als mögliches Luftholen vor einer weiteren Protestwelle.
"Demonstrantinnen und Demonstranten haben sich schon darauf eingestellt, dass dieser revolutionäre Prozess, wie viele es nennen, eben kein Sprint wird, sondern ein Marathon."
In den letzten Tagen lassen sich unterschiedliche Entwicklungen im Iran beobachten, sagt Karin Senz. Weitere Todesurteile wurden gefällt, die vom obersten Gerichtshof bestätigt wurden. Solche Urteile könne dann nur noch das religiöse und politische Oberhaupt Ali Chamenei aussetzen.
Ein Todesurteil wurde gegen einen 18-Jährigen ausgesprochen, das bisher noch nicht vom obersten Gerichtshof bestätigt wurde. Falls das geschieht, wäre das der jüngste Demonstrant gegen den ein solches Urteil gefällt wurde.
In den letzten Tagen wurde Todesurteile aber auch wegen angeblicher Ermittlungsfehler wieder aufgehoben. Außerdem wurde eine bekannte Schauspielerin wieder aus der Haft entlassen. Man könne nur mutmaßen, welche Strategien hinter solchen Entscheidungen des iranischen Regimes steckten, sagt Karin Senz. Klar sei aber, dass die iranische Führungsriege den Protesten in irgendeiner Form beikommen wolle.
"Was sich am stärksten bisher schon geändert hat, ist, dass die Frauen ein Selbstbewusstsein entwickelt haben und dass Demonstrierende eine Chance sehen, diesem Regime irgendwie beizukommen."
Eine heterogene Gruppe von Iranerinnen und Iranern, die im Exil leben, gründeten über Silvester eine Art Exil-Opposition, sagt unsere Korrespondentin. Dazu zählen zum Beispiel Reza Pahlavi, der Sohn des früheren Schahs, die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi und der frühere Fußballspieler Ali Karimi.
Diese Initiative sieht die Korrespondentin auch als ein Zeichen dafür an, dass sich etwas verändert. So wie auch das gestärkte Selbstbewusstsein der Frauen, die beispielsweise in Teheran ohne Kopftuch auf den Straßen unterwegs seien.