In Japan gelten flache Schuhe als "unweiblich". Darum hat Yumi Ishikawa #kutoo ins Leben gerufen. Der Hashtag kritisiert, dass Japanerinnen die im Servicebereich arbeiten, oft hochhackige Schuhe tragen müssen. Yumi Ishikawa weiß, wovon sie spricht: Sie hat selbst jahrelang Absatzschuhe getragen und davon blutige Zehen bekommen.

Als Yumi Ishikawa im Januar 2019 von der Arbeit in einem Bestattungsinstitut nach Hause kommt, ist sie müde und ihre Füße tun weh. Bei Twitter postet sie an dem Abend einen Tweet, in dem sie schreibt, wie genervt sie von den hochhackigen Schuhen ist, die sie jeden Tag tragen muss. Ihr Arbeitgeber hat sie dazu verdonnert, weil flache Schuhe in Japan als unweiblich gelten und vor allem im direkten Kontakt mit Kunden nicht gerne gesehen werden.

Womit Yumi Ishikawa an dem Abend nicht gerechnet hat: Dass ihr Tweet mehr als 30.000 Mal geteilt wird. Damit löst sie in Japan eine Debatte über die Konventionen aus, die für Japanerinnen an ihren Arbeitsplätzen gelten. Es ist zwar nicht so, dass alle Frauen in Japan, egal an welchen Arbeitsplatz immer von ihren Arbeitgebern aufgefordert werden, hochhackige Schuhe zu tragen. Aber es gibt eben die Arbeitsstellen wo das genauso ist.

Die #kutoo-Bewegung

Das Bestattungsinstitut bei dem Yumi Ishikawa gearbeitet hat, hat seinen Mitarbeiterinnen sogar ein kleines Handbuch ausgehändigt, in dem stand, wie sie bei der Arbeit gekleidet und geschminkt sein sollten. Darin stand:

  • Frauen dürfen keine Hose tragen, sie müssen einen Rock tragen
  • Frauen dürfen keine schwarzen, sondern nur hautfarbene Strumpfhosen tragen
  • Frauen dürfen nicht ungeschminkt bei der Arbeit erscheinen, sondern müssen dezentes Make-up tragen

Aus Yumi Ishikawas Tweet über die hochhackigen Schuhe hat sich dann die #kutoo-Bewegung entwickelt. Dort haben dann immer mehr Frauen über ihre schmerzenden Füße berichtet. In Japan ist der Begriff kutoo (ein Kofferwort aus #metoo und kutsu, was auf Japanisch "Schuhe" heißt, und kutsuu, was auf Japanisch "Schmerz" heißt) sogar in den Top Ten der Wörter des Jahres 2019 gelandet.

Frauen in Japan

Doch das heißt noch lange nicht, dass sich alle Menschen in Japan auf Yumi Ishikawas Seite gestellt haben. Manche Leute halten sie auch einfach für eine wehleidige Frau, die sich einfach nur anstellt. Andere sagen, dass es größere gesellschaftliche Probleme gebe als den Absatzzwang. Andere halten Yumi Ishikawa für eine Selbstdarstellerin.

Doch Yumi Ishikawa hat nicht aufgegeben. Sie hat eine Petition gestartet, weil sie wollte, dass die Politik sich für Frauen einsetzt, damit die von ihren Arbeitgebern nicht mehr zu irgendwelchen Dresscodes gezwungen werden können. Daraufhin hat das japanische Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales tatsächlich einen Entwurf für die Definition von Sexismus und Diskriminierung am Arbeitsplatz herausgebracht. Dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiterinnen nicht zum Tragen von Absatzschuhen zwingen können, steht da allerdings nicht drin.

Immerhin hat das Bestattungsinstitut, bei dem Yumi Ishikawa gearbeitet hat, die Passage mit der Höhe der Absätze aus seinem Handbuch für Mitarbeiterinnen mittlerweile gestrichen.

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