Wie Klimawandel und Konflikte zusammenhängen, wird in Forschung und Politik immer mehr berücksichtigt. Aber der Zusammenhang von Frieden und Klima ist noch zu wenig erforscht, findet der Klima- und Sicherheitsforscher Jürgen Scheffran.
Dass der Klimawandel die Sicherheit von Menschen gefährdet – und das in allen Regionen der Welt, auch bei uns – dürfte mittlerweile fast allen bewusst sein. Nicht nur wegen direkter Folgen wie Temperaturanstieg oder Extremwetter-Ereignissen, sondern auch, weil diese nachgewiesenermaßen Migration und Konflikte bis hin zu Kriegen befördern.
"Konfliktrisiken und Klimarisiken wechselwirken miteinander. Und komplexe Krisendynamiken können sich aufschaukeln, Kettenreaktionen auslösen und Kipppunkte überschreiten."
Diese Zusammenhänge sind in den letzten Jahren mehr und mehr in den Blick gekommen. Und das sei gut so. Aber andere Zusammenhänge sind noch unterbelichtet, sagt der Klima- und Sicherheitsforscher Jürgen Scheffran, nämlich die zwischen Frieden und Klima.
"Dass die positiven Effekte sich gegenseitig verstärken können, das ist bislang noch total unterbelichtet."
In seinem Vortrag liefert er eine Bestandsaufnahme, wie es um Konflikte und Klima derzeit weltweit bestellt ist, um dann die Verbindung zwischen Frieden und Klima herzustellen. Unter anderem erklärt er, wie seines Erachtens zivile Konfliktbearbeitung dazu beitragen kann, das Klima zu schützen.
"Frieden verbessert das Klima"
Dabei hat Scheffran auch optimistische Botschaften im Gepäck: Zum einen, dass es bei der Wechselwirkung zwischen Klima und Konflikten nicht nur Negativspiralen gibt, sondern dass auch positive Entwicklungen sich gegenseitig verstärken können. Und: Dass wir Bürger*innen die Macht haben, diese Dinge zu beeinflussen.
Jürgen Scheffran ist Professor für Integrative Geographie am Institut für Geographie der Universität Hamburg. Außerdem ist er Leiter der Forschungsgruppe Klimawandel und Sicherheit am dortigen Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit.
Mit dem Thema Umwelt und Konflikte befasst er sich interdisziplinär schon seit seinem Physik-Studium in den 1980er Jahren. "Frieden verbessert das Klima - Zivile Konfliktbearbeitung als Beitrag zur sozial-ökologischen Transformation" heißt sein Vortrag, den er am 10. Juni 2023 beim Jahrestreffen der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzt*innen in sozialer Verantwortung (IPPNW) gehalten hat.
- Katharine J. Mach, Caroline M. Kraan, W. Neil Adger, Halvard Buhaug, Marshall Burke, James D. Fearon, Christopher B. Field, Cullen S. Hendrix, Jean-Francois Maystadt, John O’Loughlin, Philip Roessler, Jürgen Scheffran, Kenneth A. Schultz & Nina von Uexkull (2019): Climate as a risk factor for armed conflict; Nature, Advance Online Publication
- Jügen Scheffran (2022): Klimaschutz für den Frieden - Der Ukraine-Krieg und die planetaren Grenzen. Blätter für deutsche und internationale Politik, 4/2022
- Daniela Pastoors, Lukas Drees, Thomas Fickel, Jürgen Scheffran: Frieden verbessert das Klima“ – Zivile Konfliktbearbeitung als Beitrag zur sozial-ökologischen Transformation. Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik (ZfAS), Volume 15, Issue 2-3, 09/2022, S. 283-305
- Jürgen Scheffran u.a. (2016): The climate-nuclear nexus - Exploring the linkages between climate change and nuclear threats. World Future Council, London
- Klaus Michael Meyer-Abich: Wege zum Frieden mit der Natur. Praktische Naturphilosophie für die Umweltpolitik. München ; Wien: Hanser, 1984