So funktioniert der Klimawandel
Rückkopplungseffekte und Kippelemente machen das Klimasystem unserer Erde hochkomplex. Doch die grundlegenden physikalischen Prinzipien der Erderwärmung und des Klimawandels lassen sich leicht erklären. Ein Vortrag des Physikers Thomas Birner.
Die Durchschnittstemperatur auf der Erde steigt, weil wir mit unserem Lebensstil in das Klimasystem eingreifen. Das wissen Physiker*innen und Klimaforscher*innen bereits seit vielen Jahrzehnten und warnen schon lange, dass die Erderwärmung unsere Lebensgrundlagen gefährden könnte. Passiert ist seitdem dennoch wenig.
"Unser Klimasystem ist hochkomplex. Es gibt eine Vielzahl von Kopplungsprozessen. Da hat man erst mal das Gefühl, das ist hoffnungslos, da irgendetwas zu verstehen."
Das Klimasystem der Erde ist hochkomplex. Charakteristisch für solche Systeme ist, dass es in ihnen viele Rückkopplungsprozesse und Kippelemente gibt. Auf den ersten Blick kann das alles ziemlich unverständlich wirken.
Aber die Grundprinzipien des Klimawandels und der Erderwärmung lassen sich trotzdem recht leicht erklären, sagt der Physiker Thomas Birner. Er ist Professor am Meteorologischen Institut der Ludwig-Maximilian-Universität München. In seinem Vortrag macht er genau das: Birner erklärt anschaulich und verständlich die physikalischen Grundlagen des Klimawandels.
Grundprinzipien des Klimawandels sind leicht zu verstehen
Das Grundprinzip der Erderwärmung ist einfach: Von der Sonne auf die Erdoberfläche kommt mehr Wärmeenergie, als wieder abgestrahlt wird. Das liegt an der Zusammensetzung unserer Atmosphäre, die wie eine wärmende Decke wirkt. Wenn es in der Atmosphäre zu viele Elemente gibt, die die Wärmeabstrahlung verhindern, steigt die Temperatur. Nur wenn genau so viel Wärme abgestrahlt wird, wie ankommt, bleibt die Temperatur im Gleichgewicht.
"Wir sind gar nicht so weit davon entfernt, dass die Arktis im Sommer kein Meereis mehr hat. Wenn das Meereis einmal geschmolzen ist und wir stabilisieren dann unser Klima, dann wird das nicht einfach wieder entstehen."
Wenn ein komplexes System wie unser Klima aus dem Gleichgewicht gerät, spielen in diesem Prozess Rückkopplungsprozesse und Kippelemente eine wichtige Rolle. Ein Beispiel für einen verstärkenden Rückkopplungsprozess ist das Abschmelzen des Meereises in der Arktis.
Je wärmer die Temperatur, desto mehr Eis schmilzt. Und je mehr Eis schmilzt, desto weniger Eis ist vorhanden, das die ankommende Wärmestrahlung zurück reflektieren kann. Es wird deshalb noch wärmer, der Abschmelzungsprozess verstärkt und beschleunigt sich.
"Wir müssen uns eigentlich damit abfinden, dass gewisse Sachen schon gekippt sind oder im Prozess sind zu kippen."
Wenn dann einmal alles Meereis in der Arktis geschmolzen ist, dann ist ein Kipppunkt erreicht. Ein Kipppunkt zeichnet sich dadurch aus, dass Veränderungen zu diesem Zeitpunkt unumkehrbar werden. Im Fall des Meereises heißt das: Ist das Eis erst einmal weg, bleibt es auch weg – selbst wenn die Temperaturen nicht weiter steigen oder sogar wieder sinken.
"Meine Hoffnung ist, dass wir als Menschheit durch unser Wissen eigentlich die Fähigkeit haben, was da passiert abzuwenden, indem wir durch eine abschwächende Rückkopplung das mildern und abwenden, was vielleicht auf uns zukommt."
Wir müssen akzeptieren, dass wir einige Kipppunkte bereits überschritten haben, sagt Thomas Birner. Dennoch hat er Hoffnung, dass wir den Klimawandel abschwächen können. Denn wir Menschen sind Teil des Klimasystems der Erde und wir haben das Wissen und die Fähigkeit, Rückkopplungsprozesse in Gang zu setzen, die die Erwärmung abschwächen und die Effekte des Klimawandels mildern.
Thomas Birner ist Physiker und Professor für Theoretische Meteorologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seinen Vortrag trägt den Titel "Die Physik des Klimawandels und die Bedeutung von Rückkopplungsprozessen". Birner hat ihn am 15. September 2022 an der Universität Mannheim im Rahmen der Ringvorlesung "Klimawandel" gehalten, die der AStA der Universität Mannheim organisiert hatte.