Jürgen Todenhöfer, ehemaliger CDU-Abgeordneter, reist seit vielen Jahren in die islamisch-geprägte Welt und hat auch schon zehn Tage lang im islamischen Staat verbracht. Mit ihm sprechen wir über mögliche Strategien, um gegen die Terror-Miliz vorzugehen.
Alle sind sich einig, auch die, die sich normalerweise nicht einig sind: Gegen die Terrormiliz IS muss etwas unternommen werden. Wie das allerdings aussehen könnte, da gehen die Meinungen schon wieder auseinander. Bodentruppen, Luftangriffe, Bomben, Verhandlungen? Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat diese Woche betont, dass es im Kampf gegen den IS auch darum geht: "die Opposition in Syrien zu sammeln und mit der Opposition besprechen, ob die sich einen begrenzten Waffenstillstand vorstellen können mit dem Ziel, dass Oppositionskräfte und Regierungskräfte sich nicht gegenseitig zerfleischen und der Kampf gegen ISIS in Syrien gar nicht ernsthaft geführt wird.“
"Die Bekämpfung von IS ist wichtig, aber noch wichtiger ist Frieden in Syrien, weil das dem IS den Boden entziehen würde."
Jürgen Todenhöfer sagt, dass dieser Vorschlag Teil einer Lösung sein könne, dass es jedoch nur bei bestimmten Rebellengruppen möglich sei. Viele Rebellen pflegen eine Allianz mit Al Quaida oder anderen Terrorgruppen. Zunächst sei es also nötig, sie aus diesen Allianzen herauszuholen, um mit ihnen westliche Allianzen einzugehen.
Mossul ist das Zentrum - nicht Raqqa
Viele denken, dass der Islamische Staat nicht wirklich ein Staat sei, also weder eine Hauptstadt noch einen König noch staatliche Institutionen hat. Dem widerspricht der Nahost-Experte: Mossul sei das Zentrum der Terror-Miliz, außerdem habe der IS auch staatliche Strukturen, eine Polizei, eine Gerichtsbarkeit, medizinische Dienste und - wie ein richtiger Staat - nehme die Organisation auch Steuern ein.
"Mit Bomben erreichen sie überhaupt nichts, mit Bomben züchten sie Terrorismus."
Bomben allerdings seien das absolut falsche Mittel, um den Islamischen Staat in den Griff zu bekommen, erklärt Jürgen Todenhöfer. Er verweist darauf, dass genau das die Methode gewesen sei, mit der die USA und die Allianz gegen den Terror in den vergangenen 14 Jahren gescheitert seien. "Wir haben 14 Jahre lang versucht, die Taliban mit Bomben und Bodentruppen auszuschalten", sagt er, "Und jetzt sagt das Auswärtige Amt, dass die Taliban stärker geworden seien."
Immer Zivilisten unter den Opfern
Wer glaube, mit dieser Strategie die noch viel gefährlicheren IS-Terroristen zu besiegen, der irre sich gewaltig, sagt Jürgen Todenhöfer. Er weiß, dass die Kämpfer der IS niemals als große Armeen auftreten, sondern eher in kleinen Gruppen. Sie seien immer in der Lage, sehr schnell in der Menge zu verschwinden. Die Folge: Wenn bombardiert wird, sind immer auch Zivilisten unter den Opfern.
Jürgen Todenhöfer hat folgende Vorschläge, um gegen den IS vorzugehen:
- nationale Aussöhnung Syriens und des Iraks
- die Waffenlieferungen an Saudi Arabien und Kuwait unterbinden, weil sie über Umwege an den IS gehen können
- die Grenze zur Türkei schließen, um den Nachschub an Kämpfern aus dem Westen zu erschweren