In manchen Gemeinden werden queere Menschen gesegnet, Frauen predigen. Eigentlich sind das Verstöße gegen Kirchenregeln, die aber weitgehend sanktionslos bleiben. Selbst manche Bischöfe fordern, die Regeln zu verändern.
Jens Ehebrecht-Zumsande, Theologe und Coach und angestellt beim Erzbistum Hamburg, ist Mitbegründer der Initiative Out In Church. Sie fordert unter anderem: "Wir wollen als LGBTIQ+ Personen in der Kirche ohne Angst offen leben und arbeiten können."
Tatsächlich sind einige Gemeinden und Bistümer in der Praxis weiter als die Kirchenregeln es zulassen – sie segnen zum Beispiel queere Paare und Menschen. Frauen predigen.
Offiziell sind das Verstöße, doch so würde Jens Ehebrecht-Zumsande es nicht bezeichnen. "Wir bemühen uns darum, das zu leben, was wir im Evangelium lesen – und das ist, die Liebe Gottes an die Menschen weiterzugeben. Und das schließt auch queere Paare und Menschen mit ein."
Dissens mit Rom
Selbst manche Bischöfe sagen, dass die strengen Regeln der katholischen Kirche nicht mehr zeitgemäß sind, sagt Jens Ehebrecht-Zumsande. Er sieht auch keine Spaltung zwischen "oben und unten", sondern einen Riss, der "quer durch die Hierarchien geht". Der Dissens mit Rom sei aber eindeutig.
"Der Riss geht quer durch die Hierarchien."
Rom schaue "offenbar mit sehr viel Sorge auf Deutschland", sagt Jens Ehebrecht-Zumsande. Wenn in der katholischen Kirche in Deutschland Neuerungen eingeführt werden, könnte es für die gesamte katholische Weltkirche schwer werden, diese wieder zurückzunehmen.
Bis vor einigen Jahren wurden Priester, die homosexuelle Paare segneten, abgemahnt oder einbestellt. Heute wird oft nicht sanktioniert, obwohl zum Beispiel Segnungen queerer Menschen gegen Kirchenregeln verstoßen.
Bei der Reform gehe es erst mal nicht um die Weltkirche, sondern um Deutschland. Die Reformen "sollten dann auf die Weltkirche übergehen".
Bischöfe stimmen für Grundsatztext an Papst
Dass die Teilnehmer der fünften Synodalversammlung in Frankfurt am Main um Reformen des katholischen Kirchensystems bemühen, zeigt sich bereits. Die teilnehmenden Bischöfe und Laienvertreter stimmten mit großer Mehrheit für einen Grundsatztext zum Priestertum. Darin wird der Papst um eine Überprüfung der Pflicht zur Ehelosigkeit von Priestern gebeten.
Jens Ehebrecht-Zumsande beobachtet, dass Reformen der katholischen Kirche nicht nur aus Deutschland gefordert werden. Die großen Reformthemen wie die Frage von Geschlechtergerechtigkeit und Sexualmoral, zeigen sich auch in anderen Ländern.