Auch im Tierreich gibt es Kidnapping. Unter anderem bei Nacktmullen. Sie versklaven die Jungtiere von Nachbarkolonien zu lebenslangem Graben. Es sind aber auch Fälle bekannt, in denen Affen Babys entführt haben.

Nacktmulle werden regelmäßig in die Top drei der hässlichsten Tiere der Welt gewählt, und sie benehmen sich wohl auch ziemlich arschig. Sie sind die einzigen staatenbildenden Säugetiere der Welt, und um diese Staaten am Laufen zu halten, überfallen Nacktmulle öfter mal eine Nachbarkolonie und entführen dort Jungtiere. Die werden dann in den eigenen unterirdischen Bau gebracht und zu einer Art Bauarbeitersklaven aufgezogen. Ihr Leben lang müssen diese gekidnappten Tiere neue Tunnel graben oder die beim Graben anfallende Erde an die Oberfläche schaffen.

Seeotter nehmen Müttern die Jungtiere weg

Kidnapping unter Artgenossen gibt es auch bei Seeottern. Hier geht es aber nicht um Ausbeutung sondern um Erpressung. Vor der Küste von Alaska haben Forscher schon häufiger beobachtet, dass männliche Seeotter Müttern die Jungtiere wegnehmen um Nahrung zu bekommen. Deutschlandfunk-Nova-Tierexperte Mario Ludwig sagt, das läuft wie bei Kindsentführungen bei Menschen, wo am Ende Lösegeld erpresst wird. Nur dass die Otter Nahrung wollen. Um im bis zu zehn Grad kalten Wasser zu überleben, brauchen Seeotter viele Kalorien. 

"Manchmal tauchen die Seeotter das gekidnappte Junge sogar unter, um den Druck auf die Mutter zu erhöhen." ​
Mario Ludwig, Deutschlandfunk-Nova-Tierexperte

Flohkrebse entführen Flügelschnecken

Es gibt aber auch Tierarten, die andere Tiere kidnappen. Die nur wenige Millimeter großen Flohkrebse zum Beispiel schnappen sich winzige Flügelschnecken und fixieren sie auf ihrem Rücken. Das wäre also eher so Kategorie Entführung. Sie tun das, weil Flügelschnecken eine chemische Substanz bilden, die Fressfeinde abschreckt. 

Die Flügelschnecken haben nichts davon. Im Gegenteil: Sie kommen in dieser Huckepack-Position nicht an Nahrung und müssen hungern. Allerdings haben Untersuchungen gezeigt, sagt Mario Ludwig, dass Flügelschnecken bis zu einem Jahr ohne Nahrung auskommen können.  

Babys von Makaken geraubt und getötet 

Für Aufsehen sorgen Fälle, in denen Tiere Menschen kidnappen. Bekannt ist etwa der Fall aus dem Jahr 2010: Da hat ein Makake in Malaysia ein vier Tage altes Mädchen aus dem Schlafzimmer eines Hauses entführt, aufs Dach gebracht und dort getötet. Im gleichen Jahr hat ebenfalls ein Makake einen 18 Tage alten Jungen in Indien entführt und in einen Brunnen fallen lassen. Auch hierbei kam das Kind zu Tode. Warum Affen Kinder entführen, konnte bisher aber nicht geklärt werden, sagt Mario Ludwig. 

Mehr Tiergespräche auf Deutschlandfunk Nova:

Shownotes
Kidnapping im Tierreich
Versklavung unter Tieren
vom 02. Januar 2019
Moderatorin: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartner: 
Mario Ludwig, Biologe