Kinder und Jugendliche werden in einer Welt voller Ungewissheiten groß. In einer alternden Gesellschaft sind sie eine Minderheit, die wir schützen müssen. Ein Vortrag des Politikwissenschaftlers Sebastian Kurtenbach.
Kinder sind in einer alternden Gesellschaft aus dem Fokus geraten. Das haben wir lange übersehen, sagt Sebastian Kurtenbach. Er ist Politikwissenschaftler mit Schwerpunkt Sozialwissenschaft. Kinder leben heute in einer ganz anderen Welt als noch vor wenigen Jahren.
"Pünktlichkeit, Verlässlichkeit – das ist etwas, das Kinder nicht kennengelernt haben."
Wer in diesem Jahr 18 Jahre alt wird, hat vielleicht schon in der Grundschule erlebt, wie Schulen oft damit überfordert waren, geflüchtete Kinder aufzunehmen.
Während der Corona-Pandemie mussten Kinder und Jugendliche sich mehr einschränken als die meisten anderen gesellschaftlichen Gruppen. Dann brach der Krieg in der Ukraine aus und wieder, sagt Kurtenbach, erlebten Kinder, wie ihre Bildungsinstitution überfordert war.
Eine Generation, unterschiedliche Kindheiten
Die Welt, in der Kinder aufwachsen, hat sich verändert, und auch die Gruppe der Kinder selbst. Die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die heute die Schule besucht, lässt sich mit dem Begriff Superdiversität bezeichnen, sagt Kurtenbach.
Damit ist gemeint: Schüler*innen haben so unterschiedliche Hintergründe, dass es keine einzelne große Gruppe gibt, die die Norm bildet und den Ton angibt.
"Wir können heute in den Schulen die Generation von morgen sehen. Und die lässt sich mit dem Begriff Superdiversität kennzeichnen."
Doch diese diverse Generation trifft in den Schulen auf ein Bildungssystem, das noch immer von Vorstellungen einer Normalität geprägt ist, die es heute nicht mehr gibt. Oft kommen diese Normalitätsvorstellungen von Lehrkräften, die mit den unterschiedlichen Bedürfnissen verschiedener Arten von Kindheiten nicht gut umgehen können.
"Wir hören Kindern nicht zu, weil wir keine Strukturen haben, um Kindern zuzuhören."
Diese Spannung durchzieht das ganze Bildungssystem, führt zu Reibung und zum Beispiel dazu, dass viel zu viele Kinder die Schule ohne Schulabschluss verlassen, sagt Kurtenbach. Wir brauchen daher einen Kulturwandel und eine andere Haltung an Schulen, sagt Kurtenbach. Den, argumentiert er, könne man erreichen, indem Schulen zu Community-Zentren umgebaut werden, in denen viele Gruppen der Gesellschaft aufeinandertreffen und Kinder und Jugendliche dadurch mehr gehört werden.
Sebastian Kurtenbach ist Professor für Sozialpolitik an der Fachhochschule Münster. Sein Vortrag hat den Titel "Transformation von Kindheit: Pädagogische und bildungspolitische Herausforderung"). Er hat seinen Vortrag am 29. März 2025 in Heilbronn auf der Bildungskonferenz BIKO 2025 gehalten. Veranstaltet wurde die Konferenz von der Akademie für Innovative Bildung und Management Heilbronn-Franken (aim).