Papst Franziskus regelt das Päpstliche Geheimnis neu. Das werde die Zusammenarbeit zwischen staatlicher Justiz und Kirche verändern und mache klar, was alles nicht selbstverständlich sei, sagt die Journalistin Christiane Florin.
Bei der Verfolgung von Missbrauchsstraftaten greift das Päpstliche Geheimnis nach einer Änderung durch Papst Franziskus nun nicht mehr; zuletzt wurde es 1974 neu geregelt. Als Päpstliches Geheimnis werden strenge Geheimhaltungsnormen für bestimmte Rechts- und Verwaltungsvorgänge in der katholischen Kirche bezeichnet.
Papst Franziskus hat die Verschwiegenheitspflicht bei kirchlichen Strafrechtsverfahren wegen Sexualdelikten aufgehoben, etwa bei sexuellen Handlungen mit Minderjährigen, Besitz und Verbreitung von kinderpornografischem Material sowie Vertuschung.
"Man sieht, dass das Kirchenrecht ganz anders tickt als weltliches Recht. Man kann sich wirklich fragen: Wen schützt dieses Kirchenrecht. Die Schutzbefohlenen hat es bisher nicht geschützt."
Für juristische Verfahren außerhalb der katholischen Kirche hat diese Entscheidung ganz konkrete Folgen, sagt die Journalistin Christiane Florin. Akten aus kirchlichen Gerichtsverfahren könnten nun von weltlichen Gerichten verwendet werden, auch nachdem sie bereits für kircheninterne Ermittlungen verwendet worden sind.
"Die Akten waren in Rom und wenn die den Stempel Päpstliches Geheimnis hatten, dann waren die jeder weltlichen Gerichtsbarkeit entzogen."
Das könne vermutlich sowohl in Straf- als auch in Zivilprozessen eine Bedeutung haben, sagt Christiane Florin. Auch juristische Verhandlungen über Opferentschädigung könnten in Zukunft von dieser Veränderung betroffen sein.
"Dadurch ändert sich die Zusammenarbeit zwischen kirchlicher und staatlicher Gerichtsbarkeit."
Von nun an dürfen unter anderem Opfer nicht zu Geheimhaltung verpflichtet werden. Hinfällig ist damit die Sacramentorum sanctitatis tutela aus dem Jahr 2001. Damit fielen Missbrauchsverfahren bisher unter das Päpstliche Geheimnis und unter die kirchliche Gerichtsbarkeit.
Aktenzugriff für Strafbehörden
Deutsche Bistümer, in denen Missbrauch vorgekommen ist oder in denen die Beschuldigung des sexuellen Missbrauchs erhoben wurde, mussten umgehend Rom informieren und alle relevanten Akten nach Rom schicken. Durch die Neuregelung sei es nun eben möglich, dass Bistümer diese Akten wieder zurückfordern, wenn sie einen konkreten Verdacht sehen. Auch die Strafbehörden sollen Zugriff auf diese Akten haben.
Kritiker des kirchlichen Umgangs mit Missbrauchsfällen haben das Päpstliche Geheimnis wiederholt als eine Ursache für Vertuschung oder ungenügende Behandlung von Missbrauchsfällen bezeichnet.
Die Bischofskonferenz lobt
Aus der Deutschen Bischofskonferenz kommt nun Lob für die Entscheidung aus Rom. Das sei ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz. Der Vatikan lobe sich nun selbst, berichtet Christiane Florin. Die Betroffenen, mit denen sie kurz Kontakt hatte, sagen auch, das es ist eine wichtige Maßnahme sei, aber nur eine kleine. Unterdessen ist in Frankreich Erzbischof Luigi Ventura zurückgetreten. Gegen ihn wird wegen Missbrauchsvorwürfen ermittelt.
"Ich denke, dass es eine symbolische Bedeutung hat. Allein das Wort Päpstliches Geheimnis: Das zeigt, auf welcher Ebene man da angelangt ist, nämlich ganz oben beim Papst."
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