Luisa Neubauer und andere Klimaaktivisten haben eine Verfassungsbeschwerde gegen die Klimagesetze der Bundesregierung angekündigt. So wollen sie mehr Klimaschutz erzwingen. Der Jurist Christian Calliess erklärt, um welche Argumente es geht.

Es stelle sich nicht nur die Frage, ob sich eine Klimaschutzbewegung mehr Klimaschutzbewegung wünschen würde, ab heute stehe auch die Frage im Raum, ob das Nichthandeln der Regierung mit dem Grundgesetz vereinbar sei, so die Klimaaktivistin Luisa Neubauer auf einer Pressekonferenz am Mittwoch, den 15.01.2020.

Externer Inhalt

Hier geht es zu einem externen Inhalt eines Anbieters wie Twitter, Facebook, Instagram o.ä. Wenn Ihr diesen Inhalt ladet, werden personenbezogene Daten an diese Plattform und eventuell weitere Dritte übertragen. Mehr Informationen findet Ihr in unseren  Datenschutzbestimmungen.

Damit spielt Luisa Neubauer auf das im November 2019 verabschiedete Klimaschutzgesetz der Bundesregierung an, das aus Sicht verschiedener Klimaaktivisten und Umweltverbände unzureichend ist und aus ihrer Sicht das Grundgesetz verletzt.

Klimaschutz ein Grundrechtschutz?

Klimaschutz sei Grundrechtsschutz, sagte der Rechtsanwalt Remo Klinger, der verschiedene Kläger vertritt. Doch wann haben wir ein Recht drauf, dass uns der Staat vor den Folgen des Klimawandels schützt? Christian Calliess ist Rechtsexperte und Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen, der die Bundesregierung berät. Er sagt: Ein Recht hätten wir auf jeden Fall dann, wenn es um das ökologische Existenzminimum gehe und damit um das Überleben der Menschen.

Schutzpflicht genügen durch wirksame Gesetzgebung

Argumentieren könne man möglicherweise, wenn das 1,75-Grad-Ziel der Pariser Klimakonferenz gerissen werde. Denn dann sei ein Verwüstungsszenario möglich, ein irreversibler Prozess mit unvorhersehbaren Folgen, der unsere Lebensgrundlagen gefährde und einen absoluten Schutzanspruch zur Folge haben könnte, so der Rechtsexperte. Schutzpflicht heißt, der Staat müsse durch wirksame Gesetzgebung aktiv werden und ein kohärentes Konzept entwickeln, so Christian Calliess.

"Der Staat muss der Schutzpflicht genügen, indem er aktiv wird – und zwar durch wirksame Gesetzgebung."

Wenn die Kläger mit dem Argument des ökologischen Existenzminimums plausibel argumentieren und das mit dem Verwüstungsszenario als eine Extremsituation koppeln, dann rechnet Christian Callies den Klägern sogar eine gewisse Chance aus.

Externer Inhalt

Hier geht es zu einem externen Inhalt eines Anbieters wie Twitter, Facebook, Instagram o.ä. Wenn Ihr diesen Inhalt ladet, werden personenbezogene Daten an diese Plattform und eventuell weitere Dritte übertragen. Mehr Informationen findet Ihr in unseren  Datenschutzbestimmungen.

Eine andere Frage jedoch sei, wozu ein Gericht den Gesetzgeber überhaupt verpflichten könne. Dieser sei ja nicht tatenlos gewesen und habe möglicherweise das vom Gesetzgeber geforderte Minimum an Schutz eingelöst. Und nicht zuletzt sei der Klimaschutz mit anderen Grundrechten wie zum Beispiel der Wirtschaftsfreiheit oder dem Sozialstaatsprinzip abzuwägen, so der Rechtsexperte.

©
Christian Calliess, lehrt Jura an der Freien Universität Berlin

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Streit um Klimaschutz
Jurist ordnet Klage von Umweltaktivisten ein
vom 15. Januar 2020
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Christian Callies, Rechsexperte