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Ein Wort reicht manchmal schon, um für Aufruhr zu sorgen: Klimawandel. Statt Debatten finden sich oft nur verhärtete Fronten. Aber warum ist das so? Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick erklärt die Lage.

Bei der Klimadebatte kochen die Emotionen hoch. Auf der einen Seite werden SUVs als Feindbilder inszeniert, auf der anderen Seite wird die Klimaaktivistin Greta Thunberg angegriffen und herabgesetzt. Der Eindruck: Die Fronten sind verhärtet. Der FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki äußerte sich gegenüber der "Welt" so: "Der Rigorismus der Klimabewegung wird irgendwann dazu führen, dass Konflikte nicht mehr friedlich ausgetragen werden, sondern im Zweifel gewalttätig."

Keine Zeit für Pro und Contra

Für den Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick eine durchaus zugespitzte These. Im Kern aber zeige sich auch in der Klimadebatte eine Polarisierung der Gesellschaft. Eine Gesellschaft, der ein Bezug zur einer Streitkultur fehle:

"Eine Streitkultur würde bedeuten, sich Pro und Contra anzuhören. Aber Streit wird sofort kampagnenmäßig entzündet."
Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick

Statt eines Abgleichs von Gemeinsamkeiten und einer Ausrichtung an Zielen und Ausgangspunkten, würde viel schneller eine Szenerie von Freund und Feind aufgebaut.

"Wir leben in einer Gesellschaft, in der enorm viele Themen in ein Freund-Feind-Schema fallen."
Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick

Das liege auch daran, welche Art der Kommunikation sich etabliert habe. Statt über Themen oder Positionen zu diskutieren, läuft die Kommunikation über Kampagnen, Bilder und verbale Angriffe, so Andreas Zick. Die finde oft in Social Media statt, ein Medium, in dem ausgewogene Diskussionen nicht unbedingt und immer zu finden sind, dafür aber besonders schnell ablaufen.

Junge Leute nicht ernst genommen

Zudem gebe es noch jene, die sich gerne politisch inszenieren: "Sie versuchen, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, statt auf die Sache." Besonders problematisch sei, dass wir in den letzen Jahren einem Populismus, besonders einem Rechtspopulismus ausgesetzt seien, so der Konfliktforscher, "wo es gar kein Interesse daran gibt, irgendwelche Fakten auszutauschen".

Gerade die Klimawandel-Debatte sei jahrelang ignoriert worden und "junge Menschen nicht ernst genommen worden in ihren Sorgen." In dieser Gemengelage gingen wichtige Differenzierungen bei den unterschiedlichen Beteiligten verloren: "Wir erleben gerade, dass die Klimadebatte gar nicht so sorgsam und ausführlich erfolgt, wie sie eigentlich erfolgen müsste", sagt Andreas Zick.

Die Mitte fehlt

Zur Konfliktregulation fehle die gesellschaftliche Mitte. Erst in letzter Zeit würden wieder mehr ausgleichende Stimmen zu Gehör kommen. Warum Konfliktregulation und Austausch so wichtig ist, erklärt Andreas Zick an aktuellen Studien. Sie zeigen, so der Forscher, dass die Verbindung von Vorurteilen gegenüber Gruppen und der Gewaltbilligung enger geworden ist.

"Es gibt gesellschaftliche Gruppen, die für Ausgleich sorgen können, aber denen fällt das schwer."
Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick

Also: Mehr (ernsthaft) miteinander reden, zuhören, Argumente abwägen - und sich Zeit für Differenzierung nehmen. Bezogen auf das Zitat von Kubicki, macht der Gewalt- und Konfliktforscher Andreas Zick genau das. Er sagt: Ja, hier würden SUV-Fahrer zum Prototyp all jener stilisiert, die für Klimaverschwendung und die Vergeudung von Ressourcen stehen. Aber er sagt, es gehe der Bewegung nicht um Gewaltandrohung oder eine Revolution. "Sondern sie sagen 'Stopp, so geht es nicht'."

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Streitkultur
Klimadebatte: Gefangen im Freund-Feind-Schema
vom 27. September 2019
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Andreas Zick, Konfliktforscher