Fünf Szenarien haben die Forschenden im Weltklimabericht festgehalten – wir sprechen mit dem Klimaforscher Helge Goessling, darüber, was jedes Grad Erwärmung für uns bedeutet.
1,1 Grad hat sich die Erde bereits erwärmt, auf Landmassen ist es sogar mehr, der Meeresspiegel steigt rund 5 Zentimeter pro Dekade. Dass der Klimawandel da und menschengemacht ist, wird im Bericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) klar formuliert. "Wir wissen, dass der Mensch den Großteil zu der Erwärmung im letzten Jahrhundert beigetragen hat. Das steht außer Frage", sagte auch Hauke Schmidt, vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg bei Deutschlandfunk Kultur. Die Frage ist: Auf welche Auswirkungen müssen wir uns einstellen – und was kann noch verhindert werden?
Die Forschenden haben fünf Szenarien erarbeitet, um mögliche Auswirkungen je nach Intensität der Erwärmung zu skizzieren. Das erste und optimistischste Seznario: Ein Stopp der Erderwärmung bis 1,5 Grad. Dazu müsste die Welt bis 2050 klimaneutral werden und nicht nur weniger CO2 in die Atmosphäre auszustoßen, sondern zusätzlich C02 aus der Atmosphäre entnehmen und sofort damit beginnen. Denn die Forschenden des IPCC prognostizieren, dass wir 2030 die 1,5 Grad-Marke erreichen. "Wir sind ja jetzt bereits bei 1,1 Grad, das heißt, bis 1,5 Grad wird sich diese Entwicklung, die wir schon beobachtet haben, noch ein wenig fortsetzen", sagt Helge Goessling, Klimaforscher am Alfred-Wegener-Institut.
"Auch in dem Szenario wären enorme Anpassungen nötig, um damit umzugehen."
Hitzeperioden, Starkregen, Dürre – die Phänomene, die in den vergangenen Wochen bereits weltweit zu beobachten waren, werden zur Normalität, auch wenn wir die Erderwärmung bei 1,5 Grad stoppen könnten. Helge Goessling sagt auch, dass zum Beispiel der Meeresspiegel langsamer auf die Erderwärmung reagiert, und wahrscheinlich bis 2100 um einen halben Meter und danach noch weiter steige.
Extreme Auswirkungen und unangenehme Überraschungen
In den anderen Szenarien rechnet man mit mehr Erwärmung als 1,5 Grad. Die Auswirkungen auf die Erde wären hier extremer – der Anteil an Landflächen, die von Flussüberschwemmungen betroffen sind, würde sich ungefähr verdoppeln, wenn man von 1,5 bis 2 Grad gehe, sagt der Forscher. Er rechnet vor: Bei Starkregen fällt pro Grad Celsius rund 7 Prozent mehr Niederschlag. Ein halbes Grad mehr bedeutet also 3 bis 4 Prozent mehr. Das kann entscheidend sein, wenn beispielsweise ein Stausee überläuft. Der Klimawandel wirkt sich so auf immer mehr Menschen aus – und das noch immer härter.
"Klimatisch gesehen kann man sich vorstellen, dass bei allem noch eine Schippe obendrauf kommt."
"Was eben auch steigt, wenn sie von 1,5 zu 2 Grad gehen, ist die Wahrscheinlichkeit für unangenehme Überraschungen", so Helge Goessling. Grönland oder die Arktis können zum Beispiel schneller schmelzen als gedacht, und somit Meeresspiegel und Klima verstärkt beeinflussen.
Süden Deutschlands voraussichtlich mehr von Hitze und Dürre betroffen
Deutschland sei global gesehen klein und daher recht homogen – klimatisch gesehen, sagt Helge Goessling. Allerdings sei der Süden Deutschlands nah am Hotspot Mittelmeerraum und somit wahrscheinlich verstärkt von Hitze- und Dürreperioden betroffen. In Mittelgebirgs- und Alpenregionen werde es zudem wesentlich mehr Niederschlag geben. Nicht zu vergessen: der ansteigende Meeresspiegel. Er wird wohl vor allem den Küstenregionen zu schaffen machen.
Szenarien, die wir vermeiden sollten
Wenn weltweit die CO2-Emissionen nicht reduziert werden und wir weiter so viel Treibhausgase ausstoßen wie bisher, kann die Erde sich bis auf 5,7 Grad erwärmen, schätzen die Forschenden. Und wenn die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen schon bei 2 Grad wesentlich extremer werden, dann ist es schwer vorstellbar, was bei 5,7 Grad passieren kann.
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