Die Gruppe ist immer schlauer als der oder die Einzelne. Wir können uns aber vorstellen, was die anderen denken, und sind dann fast genauso schlau.
Zwei Forscher aus den Niederlanden haben bei einer Studie herausgefunden, dass eine Person kraft ihres Verstandes so klug wie eine ganze Gruppe sein kann. Dafür muss sie sich nur vorstellen, was alle anderen denken würden. Die Studie ist angelehnt an die Theorie "Wisdom Of The Crowd" oder "Intelligenz der Masse", die vor allem durch das Buch "Die Weisheit der Vielen" des US-amerikanische Journalisten James Surowiecki 2004 bekannt wurde.
Diese "Weisheit der Vielen" müssen wir gar nicht erst in den Kopf hineinbekommen, sondern sie ist schon in uns drin, sagt Neurowissenschaftler Henning Beck. Um an diese Weisheit heranzukommen, müssten wir nur uns ständig selbst widersprechen.
"Wir tragen die 'Weisheit der Vielen' in uns. Wir müssen nur uns selber häufiger widersprechen. Denn wir neigen dazu, einfach das zu denken, was wir gerne mögen, und dann bleiben wir dabei."
Wie geht das, sich selbst zu widersprechen? Beispiel: Wir sollen das Gewicht einer Waschmaschine schätzen und dann überlegen, was ein Freund oder eine Freundin schätzen würde, die immer anderer Meinung ist als wir selbst.
"Nicht du oder dein Freund oder die Freundin hat Recht, sondern in der Mitte liegt das, was stimmt."
Meist liege dann der richtige Wert dazwischen, sagt Henning Beck. Nach der Theorie der "Weisheit der Vielen" kommt der Mittelwert aus vielen unabhängigen Schätzungen dem wahren Wert näher als die Einzelmeinung.
Eigene Meinung ständig selbst hinterfragen
Und diese "Weisheit der Vielen" können wir eben in unser Denken einbeziehen. Die beiden Forscher, Philippe van de Calseyde von der TU Eindhoven und Emir Efendic von der Universität Maastricht, nennen das "Inner Crowd Effect".
Weil wir gerne denken, was uns gefällt, Antworten geben, die uns bestätigen, sind wir nicht so flexibel im Denken. Das können wir austricksen, indem wir unsere Gedanken hinterfragen und so zu einer klügeren Antwort kommen, erklärt Henning Beck.
"Ein gesundes Maß an gespaltener Persönlichkeit führt dazu, dass man sich selber widerspricht und zu besseren Einschätzungen kommt."
Diese Klugheit oder "Weisheit der Vielen" funktioniert aber nicht, wenn es sich um Schätzungen für Zahlen am Rand einer Skala handelt. Beispielsweise wenn geschätzt werden soll, wie viele Christen in China leben. Das ist ein sehr niedriger Wert. Wenn nun auch hohe Schätzwerte einbezogen werden, dann entfernt sich das Ergebnis vom realen Wert.
"Die 'Weisheit der Vielen' trifft nur dann zu, wenn ein Mittelwert geschätzt werden muss. Ansonsten wird die Weisheit von vielen zur Dummheit von allen, wenn ein Rand geschätzt werden muss."