In der Justizvollzugsanstalt Remscheid kümmern sich die Insassen um 60 bis 70 Bienenvölker – rund drei Millionen Bienen. Die Häftlinge versorgen die Bienen, ernten den Honig und dürfen im offenen Vollzug für die Arbeit auch die Haftanstalt verlassen. Der Grund: Die Gefängnisleitung dort ist davon überzeugt, dass Imkern Menschen verändern kann.

Die Imkerei in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Remscheid ist eine neue Form der Arbeit im Knast. Schon lange lernen Häftlinge Berufe oder gehen einer Arbeit nach, mit der sie Geld verdienen und später nach ihrer Entlassung auf Jobsuche gehen können. Doch die Aussichten für Schreiner oder Schlosser sind nicht mehr so gut wie früher.

Bio-Produkte aus dem Knast

Der Chef der Arbeitsverwaltung in der JVA hat sich vor einiger Zeit den Kopf darüber zerbrochen, mit welchen Jobs die Häftlinge nach dem Absitzen ihrer Strafe gute Verdienstmöglichkeiten haben könnten. Beim Spazierengehen sind ihm Bio- und Hofläden mit Naturprodukten aufgefallen. Bio-Produkte aus dem Knast? Eine JVA-eigene Bienenwiese würde für die Herstellung des Naturprodukts Honig nicht ausreichen. Der JVA-Beamte hat sich bei Workshops schlau gemacht und Kooperationen mit Obstbauern und dem Imkerverband geschlossen.

Inzwischen machen auch die JVA Castrop-Rauxel, Schwerte und Gelsenkirchen mit. Letztere produziert die Eigenmarke "Knastgold". Zusammen betreuen sie 68 Bienenvölker mit einer Jahrespopulation von drei bis vier Millionen Tieren. Rund eine Tonne Honig produzieren sie so pro Jahr, der in regionalen Hofläden und über den Imkerverband vertrieben wird.

Wer sich in der JVA gut anpasst, darf auch imkern

Das Gefängnis in Remscheid habe einen kleinen internen Betrieb, erklärt der JVA-Beamte Sebastian Laubach. Wenn die Inhaftierten sich dafür interessieren, können sie sich bewerben. Die Beamten teilen die Häftlinge dann für bestimmte Aufgaben ein. Allerdings müssen sie dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllen, weil sie sich innerhalb der Haftanstalt freizügiger als andere bewegen dürfen. Zum Beispiel sollten sie schon etwas länger in der JVA sein und sich an die Regeln angepasst haben, erklärt Sebastian Laubach.

"Das Thema Aggression spielt eine Rolle: Ist der Häftling schon so weit, dass wir ihn in das Bienen-Projekt involvieren können?"
Sebastian Laubach, JVA-Beamter

Die Häftlinge sind für die Bienenvölker, die Honigproduktion und die Vermarktung verantwortlich: Sie fertigen Wachsplatten, pflegen die Bienen, ernten den Honig, schleudern und reinigen alle Materialien. Für die Vermarktung fertigen sie beispielsweise Geschenkkisten aus Holzresten und alten Paletten.

Naturerfahrung für Häftlinge

Gefangene im offenen Vollzug dürfen auch mit in die Felder und auf die Obstwiesen. Häftlinge, die im Imker-Projekt arbeiten, haben so die Chance, eine neue Sicht auf die Welt zu bekommen, so die Idee der Leitung.

"Wenn man mal so eine Zarge aufgemacht hat und man wird von 150 Bienen angeflogen, dann ist das schon sehr respekteinflößend."
Sebastian Laubach, JVA-Beamter

"Dass man aufgrund der Arbeit am Bienenstock ein anderer Mensch wird, bezweifle ich. Aber was ich sagen kann, ist, dass man Geduld üben, Grundtechniken beherrschen, die Sache mit Fachwissen und Respekt angehen muss. Wenn man das mehrfach in der Woche macht, dann macht das auch etwas mit dem Charakter", sagt Sebastian Laubach. Nach dem Knast könnten sich die Ex-Häftlinge, so die Idee, Imker-Vereinen anschließen und mit dem, was sie gelernt haben, Geld verdienen.

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Shownotes
Bienenzucht
Imkern im Knast
vom 29. April 2019
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Sebastian Laubach, Justizvollzugsbeamter in Remscheid