Chinin war lange das einzige Mittel gegen Malaria, daher konnte der Zugang zu dem Stoff aus der Rinde des Chinarindenbaumes über Leben und Tod entscheiden. Der Historiker Tristan Oestermann erzählt die politische Geschichte des Chinins.
Chinin ist ein weißes bitter schmeckendes Pulver, das ihr wahrscheinlich vor allem aus eurem Gin Tonic kennt. Denn der Stoff wird in geringen Mengen Tonic Water zugesetzt. Chinin steckt in der Rinde des Chinarindenbaums und war lange das einzige Mittel gegen Malaria. Deswegen spielte seine Produktion eine bedeutende Rolle im Kolonialismus, sagt Tristan Oestermann. Er ist Historiker am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam.
"Chinin war das erste industriell hergestellte Medikament. Seine Isolierung und Extraktion im industriellen Maßstab gelten als Geburt der pharmazeutischen Industrie."
Wenn wir uns anschauen, wie sich das Geschäft mit Chinin nach dem Ende der Kolonial-Imperien entwickelt hat, können wir viel lernen über die Rolle von Unternehmen nach der Dekolonisierung, sagt der Historiker.
Chinin-Produktion nach der Unabhängigkeit
Im Kongo und in Indonesien gab es in der Kolonialzeit große Plantagen und Fabriken zur Chinin-Herstellung. Nach der Unabhängigkeit versuchten die europäischen Unternehmen ihren Einfluss zu sichern und der Nationalisierung zu entgehen. Dabei ging es nicht immer legal zu, beschreibt Tristan Oestermann in seinem Vortrag.
"Der Zugang zu Chinin konnte über Leben und Tod entscheiden. Und gerade dies machte Chinin im kolonialen Kontext zu einem enorm politisch aufgeladenen Wirkstoff.“
Tristan Oestermann ist Historiker am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam. Sein Vortrag heißt: "Die Dekolonisierung des Chinins: Eine politische Geschichte der pharmazeutischen Industrie nach dem Ende der Imperien, 1945–1998", den er am 29. April 2025 im Rahmen des Forschungskolloquium "Geschichte transkulturell" an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt Oder gehalten hat.