Kreativität können wir nicht erzwingen, aber der Moment des Einschlafens kann uns zu kreativen Eingebungen verhelfen.
Albert Einstein, Salvador Dali und Thomas Edison, der Erfinder der Glühbirne – sie haben etwas gemeinsam – sie sollen das Nickerchen zwischendurch perfektioniert haben.
In einem Sessel sitzend, mit Metallkugeln oder einem Löffel in der Hand sollen sie mehrmals am Tag eingenickt sein. Sobald der Schlaf eingesetzt hat, lockerte sich der Griff, und was immer die Herren in der Hand hielten, fiel zu Boden oder in eine bereitstehende Schale.
Durch den Lärm, den der fallende Gegenstand beim Aufprall erzeugte, sollen sie wieder wach geworden sein und weitergearbeitet haben. Was diese Wissenschaftler und der Künstler wohl aus einer Intuition heraus zur Gewohnheit gemacht haben, nämlich ein kurzes Einnicken bewusst für kreative Ideen und Lösungen zu nutzen, wurde auch in einer Studie an der Sorbonne Universität in Paris untersucht.
"Wir schlafen vom vorderen Teil des Gehirns bis zum hinteren, so ein bisschen versetzt ein und das kann auch erklären, warum wir dann beim Einschlafen eben genau bei diesem Übergang zwischen wach und Schlaf Bilder sehen, die sehr unreal sind.“
Die französischen Forschenden haben in einem Experiment rund 100 Testpersonen eine mathematische Aufgabe gegeben, die es vor und nach einer 20-minütigen Pause zu lösen galt. Die Pause sollten die Probanden halb liegend mit geschlossenen Augen verbringen. Ähnlich wie Thomas Edison haben sie statt Kugeln, eine Plastikflasche in der Hand gehalten.
Die Untersuchung zeigte: Die Personen, die in der Einschlafphase durch die runtergefallene Flasche geweckt wurden, lösten die Aufgabe dreimal häufiger als die Personen die wach geblieben oder eingeschlafen sind.
Auch die Kognitionswissenschaftlerin Katharina Lüth hat in diesem Bereich viel geforscht. Sie erklärt das Phänomen so: "Das können zum Beispiel Formen und Farben sein, die wir sehen, oder auch Töne, die wir hören. Die Wissenschaft bezeichnet diesen Zustand als Hypnagogie, ähnlich wie eine Art Halluzination.
Diese unrealistischen Bilder sind anders als die Trauminhalte, die wir meist später im Verlauf einer Nacht haben. Es handelt sich bei der Hypnagogie mehr um einzelne bizarrere – oft visuelle – Eindrücke. Und in dieser Einschlafphase können nicht nur Bilder in unseren Kopf entstehen, sondern auch Ideen.
Einschlafmoment als optimaler Zeitpunkt für kreative Ideen
Die Forschenden an der Sorbonne Universität bezeichnen diesen Moment als den "kreativen Sweet Spot". Jeder kann für sich selbst ausprobieren, diesen zu finden. Dabei reicht es aus, bei der Arbeit die Augen zu schließen und abzuwarten. Und wir müssen uns dafür noch nicht einmal hinlegen – auch im Sitzen ist es möglich, den optimalen Moment zu finden, um kreative Gedanken zu befeuern.
Um diese Ideen und Eingebungen nicht wieder zu verlieren, sei der Aufwachmoment von besonderer Bedeutung, sagt die Kognitionswissenschaftlerin Katharina Lüth. Wer nach einem Geistesblitz tatsächlich einschläft, kann sich beim Aufwachen möglicherweise nicht mehr daran erinnern.
"Weil dann so ein System aktiv wird, dass 'default mode network', was erst dann aktiv wird, wenn man nichts Anderes zu tun hat."
Wer also wieder einmal vor dem Laptop sitzt und auf die zündende Idee wartet, kann einfach mal die Augen kurz schließen und schauen, ob er seinen kreativen Sweet Spot findet und eine plötzliche Eingebung bekommt.