Kriegsverbrecher sollen auch in Deutschland keinen Schutz haben dürfen. Deshalb beginnt heute (2. Juli) am Oberlandesgericht München der Prozess gegen einen 26-jährigen Afghanen. Der Ex-Offizier soll in Afghanistan unter anderem einen Menschen misshandelt haben. Unser Korrespondent Michael Watzke verfolgt den Prozess.
Vor dem Oberlandesgericht in München wird der 26-jährige Afghane Ahmad Zaheer D. angeklagt. Er war Offizier der afghanischen Armee, mit der die US-amerikanischen und auch deutschen Streitkräfte in Afghanistan kooperieren. Die Anklage lautet unter anderem auf schwere Misshandlung, so unser Korrespondent Michael Watzke. Bei einem Verhör soll D. einen Gefangenen unmenschlich und grausam behandelt haben.
Außerdem soll D. in der afghanischen Provinz Paktia einen Leichnam herum gefahren und beschimpft haben. Kommt es zu einer Verurteilung, so Michael Watzke, sind diese Taten Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch. Bei einer Verurteilung drohen dem 26-Jährigen etwa drei Jahre Haft.
Mutmaßlicher Kriegsverbrecher vor deutschem Gericht
Ahmad Zaheer D. war als Flüchtling nach Deutschland gekommen und hatte Asyl beantragt. 2018 wurde er in einer Unterkunft im bayerischen Ebersberg bei München festgenommen.
Der Generalbundesanwaltschaft liegen Video-Beweise für die Verbrechen vor, so Michael Watzke. Sowohl die Folter als auch die Fahrt durch Paktia sollen auf Videos dokumentiert sein. Vermutlich hatten der Angeklagte selbst sowie andere Soldaten Selfies von den Taten gemacht. Sie wollten mit den Bildern möglicherweise den Zivilisten Angst einjagen und sie abschrecken, sich gegen die afghanischen Streitkräfte zu richten.
Kriegsverbrechen sollen überall geahndet werden
Mit der Anklage des Afghanen D. wird ein Kriegsverbrechen vor einem deutschen Gericht verhandelt, das von einem Nicht-Deutschen im Ausland begangen wurde. Das ist kein Einzelfall, so Michael Watzke. 2018 wurde in Bayern ein junger Afghane vor Gericht gestellt: Er soll in Afghanistan für die Taliban gekämpft und Kriegsverbrechen begangen haben. Die Generalbundesanwaltschaft geht allen Vorwürfen von Kriegsverbrechen nach, auch um klar zu machen, dass das Asylrecht nicht vor Strafverfolgung schützt, so Michael Watzke.
"Die Generalbundesanwaltschaft sucht und findet solche Fälle in Deutschland. Auch um klar zu machen: Das Asylrecht darf nicht missbraucht werden."
Im Februar hatte der Bundesgerichtshof in Berlin einen mutmaßlichen hochrangigen ehemaligen Funktionär des Allgemeinen Geheimdienstdirektorats von Syrien festnehmen lassen. Anwar R. steht unter Verdacht, zwischen 2011 und 2012 für die Folter vieler Menschen in einer Haftanstalt in Damaskus verantwortlich zu sein. Laut der Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights könnte dieser Prozess in Deutschland zum weltweit ersten Prozess wegen Folter gegen einen hochrangigen Vertreter der Geheimdienste von Präsident Baschar al-Assad kommen.