Künstliche Intelligenz macht uns das Leben in vielen Situationen einfacher, wird aber – etwa bei Uni-Hausarbeiten – auch sehr kritisch beäugt. Und wie ist das bei Bewerbungen? Künstliche Intelligenz (KI) kann uns auch dabei helfen, viele große DAX-Konzerne sind dafür sogar offen und nutzen selbst KI im Bewerbungsprozess. Doch was dürfen wir – und was nicht?

Laut einer Umfrage der Deutschen Presseagentur unter den 40 DAX-Unternehmen (an der sich allerdings nur 16 davon beteiligt haben) ist der Einsatz von KI bei Bewerbungen für große Konzerne offenbar keinesfalls ein No-Go. Manche Personalabteilungen nutzen KI auch bereits selbst.

Offenheit bei Unternehmen und Bewerbenden

Auch auf der Bewerber*innenseite ist eine wachsende Bereitschaft dafür feststellbar: Fast jede fünfte befragte Person hat schon mal künstliche Intelligenz beim Verfassen einer Bewerbung eingesetzt, ergab eine Umfrage des IT-Unternehmens Softgarden letztes Jahr. Und knapp 42 Prozent konnten es sich vorstellen, sie in Zukunft dafür zu verwenden.

"Ich habe KI während meiner Bewerbungszeit genutzt. Das hat mir sehr geholfen, denn manchmal ist man sehr ideenlos."
Eine Stimme aus Jana Niehofs Umfrage zum Thema KI

Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Jana Niehof hat sich umgehört. Das Ergebnis ihrer Umfrage: Noch scheint der KI-Einsatz bei Bewerbungstexten zwar nicht so hoch zu sein – aber fast jede Person, mit der sie gesprochen hat, könnte sich gut vorstellen, in der Zukunft darauf zurückzugreifen. Und einige haben es auch schon gemacht.

"Ich habe noch nie KI bei einem Bewerbungsprozess genutzt – aber ich kann mir vorstellen, aiw in Zukunft zu benutzen."
Aus Jana Niehofs Umfrage zum Thema KI

Manche benutzen KI bereits bei anderen Textformen – und "weil die Programm ja auch mittlerweile viel besser verfügbar sind" denken sie darüber nach, den KI-Einsatz auf Bewerbungstexte auszuweiten.

Wobei die KI euch helfen kann

Ob es jetzt nur eine dezente Unterstützung sein soll oder das Komplettpaket – die Möglichkeiten sind breit: Ihr könnt euch von der KI "nur" beim Formulieren helfen lassen, ihr könnt euch aber auch das gesamte Motivationsschreiben verfassen lassen.

"Eigentlich kannst du alles machen, was du dir vorstellen kannst. Man kann sich zum Beispiel auf einem Foto einen Anzug anziehen lassen, obwohl man nur ein T-Shirt anhat."
Jana Niehof, Deutschlandfunk Nova

Außerdem gibt es KIs, die euch euren Lebenslauf komplett fertig designen oder eure Bewerbungsfotos bearbeiten: Obwohl ihr im T-Shirt da steht, habt ihr plötzlich einen Anzug an.

Was erlaubt ist – und was nicht

Grundsätzlich ist es nicht verboten, KI auch für Bewerbungen zu benutzen, sagt die Arbeitsrechtlerin Kathrin Bürger. Für Formulierungshilfen sei das also eher unproblematisch.

"Ein Anschreiben legt die allgemeine Motivation dar, führt ein bisschen ein in die Person und wieso man sich für die Stelle interessiert. Da haben wir meiner Meinung nach keine Probleme."
Kathrin Bürger, Fachanwältin für Arbeitsrecht

Trotzdem komme es darauf an, wo und für was man sich bewirbt. Eine Bewerbung soll die Person widerspiegeln – wenn alle Bewerbungen gleich klingen und voller Floskeln sind, bringt das niemanden etwas.

Wichtig: Individuelles Motivationsschreiben

Guten Gewissens alles von der KI machen zu lassen, ist also keine gute Idee. Vor allem nicht beim individuellen Motivationsschreiben – wenn das offensichtlich von einer KI verfasst wurde, kann das direkt ein Ablehnungsgrund sein. Die eigene Einstellung sollte hierbei klar werden – und eventuell auch der eigene Schreibstil.

Auch wenn ihr eine Stelle bekommt und erst später auffällt, dass euer Motivationsschreiben von einer KI geschrieben wurde, kann das sehr spürbare Konsequenzen haben.

"In dem Moment, in dem etwas dargestellt wird, was essenziell für die Stelle ist – etwa ein Motivationsschreiben für einen kreativen Beruf – und sich herausstellt, dass es nicht mein eigenes Produkt war, besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu beenden", erklärt Kathrin Bürger.

Bei manchen technischen oder wissenschaftlichen Unternehmen kann das aber auch anders sein. Einige große Firmen wie Bayer etwa sagen, dass Bewerber*innen gerne KI benutzen dürfen. Begründung: Eine KI bedienen zu können, sei ja auch ein Skill, der immer wichtiger wird.

Ihr solltet euch also fragen:

  • Bei wem bewerbe ich mich?
  • Was ist wichtig in dem Beruf?
  • Muss ich bei der Bewerbung überhaupt KI einsetzen?
  • Wenn ja: Wie kann ich das tun, ohne dass mein Können und meine Persönlichkeit verändert werden?

Unternehmen: KI als erster Bewerbungsfilter

Auch die andere Seite nutzt KI im Bewerbungsprozess – vor allem größere Unternehmen aus der Technologie- und IT-Branche. Häufig erledigen KIs hier eine Art Erstauswertung der Bewerber*innen.

Die KI analysiert die Anschreiben zum Beispiel nach Schlüsselwörtern, die in der Stellenausschreibung als wichtig angegeben wurden. Zudem prüft sie notwendige Grundvoraussetzungen wie etwa Sprachkenntnisse. Wenn es keine Matches gibt, kann die KI auch selbstständig Absagen verfassen.

USA: Vorstellungsgespräch mit der KI

In den USA sind sogar KI-Vorstellungsgespräche keine Seltenheit mehr – Mercedes Benz oder Unilever nutzen die zum Beispiel. Über eine Videokonferenz spricht man in einem ersten Schritt zunächst mit einem Computer, der einem Fragen stellt und die Antworten anschließend auswertet. Inwiefern dabei auch Mimik und Gestik eine Rolle spielen, ist ein Betriebsgeheimnis.

Shownotes
Arbeitsleben
Bewerbungen mit KI-Hilfe: Akzeptanz steigt
vom 15. April 2024
Moderation: 
Sebastian Sonntag & Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Jana Niehof, Deutschlandfunk Nova