China setzt in allen Lebensbereichen auf künstliche Intelligenz: beim Überwachen seiner Bürger, beim Städtemanagement – und jetzt auch in der Politik. Das chinesische Außenministerium lässt sich bei wichtigen Entscheidungen von einer Künstlichen Intelligenz beraten.

Die chinesischen Wissenschaftler, die sich in der South China Morning Post (SCMP) äußern, sind überzeugt, dass Künstliche Intelligenz (KI) die Politik verbessern kann, berichtet unsere Netzreporterin Martina Schulte. Die KI, die das chinesische Außenministerium in strategischen Fragen berate, sei immun zum Beispiel gegen Angst, Leidenschaft, Ehre oder dem Wunsch, jemanden einen Gefallen zu tun. Sie treffe im Vergleich zum Menschen die rationaleren Entscheidungen.

"Die Wissenschaftler glauben, dass KI die Politik besser machen kann."
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin

Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums sagte, sein Haus würde die Anwendungen "fast täglich erweitern" und die neue Technik weiter "erkunden". 

KI: Rational und "immun gegen menschliche Fehler"

In der SCMP heißt es weiter, in China würden derzeit gleich mehrere KI-Systeme entwickelt. Bei welchen Entscheidungen genau die KI-Systeme konsultiert werden, wird nicht verraten. Die SCMP verweist aber zum Beispiel auf die Neue Seidenstraße, ein riesiges Infrastruktur-Projekt mit Straßen, Häfen und Handelsposten, das sich durch knapp 70 Länder erstreckt, in denen 65 Prozent der Weltbevölkerung leben. 

Dort investiert China derzeit hunderte Milliarden US-Dollar mit dem Ziel, im Welthandel nach vorne zu kommen und sich langfristig mit wichtigen Rohstoffen zu versorgen. Das chinesische Außenministerium hofft offenbar, mit der Unterstützung von KI hier bessere Entscheidungen treffen zu können. 

Maschinenlern-System studiert Millionen von Daten

Damit die KI lernt, besser zu entscheiden, wird sie mit einem Berg an Daten gefüttert – sie hat Zugang zu verschiedenen Datenbanken der Regierung: 

  • Daten von Spionagesatelliten 
  • Gerüchte, die chinesische Diplomaten auf Cocktailparties aufgeschnappt haben
  • Daten über internationale politische Strategien

Wenn dann jemand im Außenministerium etwa die Entscheidung treffen muss, wie China in einem afrikanischen Staat am besten einen Hafen baut, der dringend benötigte Rohstoffe nach China verschiffen kann, dann spuckt die KI unter Umständen innerhalb weniger Sekunden mehrere mögliche Handlungsoptionen aus. Das letzte Wort haben aber immer noch Menschen aus Fleisch und Blut.

"Die KI ist eine Art strategischer Berater. Die letzte Entscheidung treffen aber immer noch Menschen."
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin

Nachprüfen kann man diese Vorgänge nicht, sagt unsere Netzreporterin. Sie hält es aber für sehr wahrscheinlich, dass China – genauso wie die USA – so eine Strategie-KI haben und nutzen. Vielleicht sogar auch die deutsche Regierung, ohne dass wir davon wissen. 

Kein Allheilmittel, aber ein klarer Vorteil

So einfach per Knopfdruck die Superlösung für alle Probleme ausspucken, kann allerdings auch eine KI nicht. Denn sie ist immer nur so gut, wie die Daten, mit der man sie gefüttert hat. Und diese Daten sind für manche Regionen der Welt lückenhaft oder nur schwer zu bekommen. 

Trotzdem sind die Regierungen und Staaten, die sich eine gut gefütterte Datenbank und einen KI-Berater leisten können, gegenüber anderen Staaten, die das nicht können, klar im Vorteil. Vor allem, wenn es um Risikominimierung, Strategie, Entscheidungsfindung oder die Effizienz bei der Ausführung von Plänen geht.

Mehr zum Thema:

Shownotes
Künstliche Intelligenz in China
Wenn Roboter Politik machen
vom 08. August 2018
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartnerin: 
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin