Abmontierte Mauerkreuze, Bustour nach Bulgarien - dem Zentrum für politische Schönheit ist die Provokation gelungen. Wird deshalb mehr über die Flüchtlinge an den europäischen Außengrenzen gesprochen? Oder doch nur, ob Kunst das darf?

Mit der Kunstaktion "Erster Europäischer Mauerfall" will Das Zentrum für politische Schönheit auf die prekäre Lage der Flüchtlinge an den europäischen Außengrenzen hinweisen. Anfang November haben die Aktionskünstler die Kreuze zum Gedenken an die Mauertoten abmontiert und sie an die europäischen Außengrenzen gebracht, um dort auf das Schicksal der Flüchtlingen aufmerksam zu machen.

"Wir sind Künstler, wir machen Aktionskunst, wir machen keinen Polit-Aktivismus, wir versuchen den Kunstbegriff weiter zu treiben und mit der Kunst wirklich Veränderung zu schaffen."
Cesy Leonard, Zentrum für politische Schönheit

Die Aktionskünstler verstehen ihre Aktion als erweiterter Kunstbegriff. In mehreren Bussen mit Bolzenschneidern und Metallsägen ausgerüstet sind sie an die bulgarische Grenze gefahren, um den "Erster Europäischer Mauerfall" am 9. November zu inszenieren. Doch nach zahlreichen Polizeikontrollen sind die Aktivisten weit vor den EU-Grenze in Bulgarien von Polizeikräften gestoppt worden.

"Täglich sterben Menschen an unserer Außengrenze. Wir finden, die Politik muss damit besser umgehen. Es dürfen keine Menschen mehr an unseren Außengrenzen sterben."
Cesy Leonard, Zentrum für politische Schönheit
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Aus der Kunstaktion ist inzwischen eine sehr politische geworden, seit Innensenator Frank Henkel von der CDU die Freiheit der Kunst in Frage stellt. Der Innensenator bezeichnet die Aktion in einem Kommentar im Tagespiegel als "verabscheuungswürdig" und beschuldigt die Intendantin des Maxim-Gorki-Theaters, Shermin Langhoff, der Komplizenschaft.

"Die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Kunst darf nicht gegen die unantastbare Würde des Menschen ausgespielt werden."

Cesy Leonard, Chefin des Planungsstabs und damit leitend an der Stoffentwicklung und Konzeption von Aktionen des Zentrums für politische Schönheit beteiligt, betont, dass die Aktion sich nicht gegen das Andenken an die Mauertoten richte oder die Gefühle der Angehörigen der Opfer verletzen wolle.

"Kunst reicht über einen netten Abend im Theater hinaus. Wir wollen provozieren und durchaus die Politik dann auch zum Handeln bewegen."
Cesy Leonard, Zentrum für politische Schönheit

Wenn man sich aber intensiv mit dem Problem der Flüchtlinge an den europäischen Außengrenze beschäftige, so wie es das Zentrum für politische Schönheit vor seiner Aktion getan hätte, erklärt Cesy, dann empfinde man die Situation der Flüchtlinge an den Grenzen als eine Schande. Das Zentrum greife deshalb zu drastischen Mitteln, um auf die prekäre Lage der Menschen an den Grenzen aufmerksam zu machen.

"Diese Tatenlosigkeit Europas ist eine absolute Schande."
Cesy Leonard, Zentrum für politische Schönheit

Ob die Aktion "Erster Europäischer Mauerfall" das Bewusstsein der Menschen für die Situation der Menschen an den EU-Außengrenzen aufrütteln könne, müsse noch abgewartet werden. Cesy verweist aber auf eine Aktion des Zentrums, die auf die Lage der syrischen Flüchtlinge aufmerksam machte. Der Schicksal war nach Meinung von Cesy komplett aus den Medien verschwunden und sei mit ihrer Aktion "Kindertransporthilfe des Bundes" wieder mehr in die Öffentlichkeit gerückt.

Mehr zum Zentrum für politische Schönheit im Netz:

Shownotes
Zentrum für politische Schönheit
"Wir wollen provozieren"
vom 12. November 2014
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartnerin: 
Cesy Leonard, Chefin des Planungsstabs des Zentrums für politische Schönheit