Was ist Kunst? Wie muss sie aussehen und was hat das mit Geschmack zu tun? In seinem Vortrag über Kunstgeschichte spürt der Historiker Ulrich Raulff der Form von Kunst nach und berichtet von Zeiten, in denen Museen dazu gedacht waren, uns zu "gutem Geschmack" zu erziehen.
Das Fach Kunstgeschichte verändert sich. Neue Medien oder die Digitalisierung sorgen für neue Diskurse, moderne Ausstellungsformate und auch neue Ausbildungswege in der Disziplin, stellt der Historiker und Publizist Ulrich Raulff fest.
Neue Anforderungen an die Kunstgeschichte
Auch politische Ereignisse wie etwa der Krieg in der Ukraine beeinflussen das Fach und schaffen neue Anforderungen an die Kunstgeschichte, meint der Historiker.
"Täuscht mein Eindruck, oder ist die Kunstgeschichte tatsächlich dabei, sich um einen flacheren Ansatz zu bemühen und in neue Anwendungsbereiche vorzutasten?"
Mit der Modernisierung der Kunstgeschichte seien auch alte Begriffe wieder aufgetaucht: der "Geschmack" etwa oder die "gute Form". In seinem Vortrag blickt Ulrich Raulff auf die neuen Anforderungen an die Kunstgeschichte und befasst sich dann mit der Entwicklung der Begriffe Form und Geschmack.
"Geschmack ist ein Phänomen, das den ständigen Wandel ratifiziert und braucht."
Ulrich Raulff erinnert dabei an Ausstellungen, die mit Sammlungen von Beispielen angeblich schlechten Geschmacks abschreckend wirken und das ästhetische Empfinden der Besucher*innen schulen sollten - gemäß den Vorstellungen der Ausstellungsmacher, versteht sich.
Gibt es überhaupt "guten" Geschmack?
Das ist über hundert Jahre her, aber die öffentliche Geschmackserziehung erlebt auch eine Art Revival - in den sozialen Medien.
Der Vortrag
Ulrich Raulff ist Historiker und Publizist, war lange Zeit Feuilleton-Redakteur bei der FAZ und der Süddeutschen Zeitung und Direktor des Deutschen Literaturarchivs Marbach – neben vielen weiteren Tätigkeiten und Funktionen. Seit 2018 ist er Präsident des Instituts für Auslandsbeziehungen.
Seinen Vortrag "Aus dem Leben eines Schwererziehbaren – Die Kunstgeschichte, die gute Form und der schlechte Geschmack" hat er am 23. März 2022 als Festvortrag beim Kunsthistorikertag 2022 gehalten, der vom Verband Deutscher Kunsthistoriker und dem Institut für Kunstgeschichte der Universität Stuttgart veranstaltet wurde.
Auf dem Foto ist die Skulptur "Selbstporträt als Essiggurkerl" des österreichischen Künstlers Erwin Wurm zu sehen.