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Saskias Leben wurde innerhalb kurzer Zeit auf den Kopf gestellt: Plötzlich stand sie ohne Job, ohne Partner und Wohnung da. Wir fragen uns: Kann man sich auf solche Veränderungen vorbereiten – und wie mit ihnen umgehen?

Saskias Leben ist im Flow. Sie hat Freunde, wohnt mit ihrem Partner zusammen, die beiden haben einen Hund. Die Beziehung ist seit fünf Jahren stabil. Ihren Bachelor und Master besteht sie mit Top-Noten. Nur der erste Job nach dem Studium, der macht ihr schnell Bauchschmerzen und belastet sie psychisch. Saskia diskutiert viel mit ihrem Partner darüber: Wie kann es weitergehen, wenn sie den Job aufgibt und vorerst arbeitslos wird?

Denn natürlich hängt am Einkommen auch die Miete für die gemeinsame Wohnung und der Lebensunterhalt. Saskias Partner versichert ihr aber, dass er für sie da ist. So fasst sie seine Reaktion zusammen: "Hey, deine Gesundheit steht im Vordergrund, falls es irgendwie finanziell knapp werden sollte. Wir leben hier zusammen, ich kann auch gerne die Miete für ein paar Monate alleine übernehmen. Wir gehen das zusammen, und wir machen das auch gemeinsam, falls du irgendwie in Schieflage geraten solltest. Ich bin da auf jeden Fall an deiner Seite."

"Er hat sich – ich glaube, eine Woche, nachdem ich dann wirklich arbeitslos war – von mir sehr überraschend getrennt, nachdem er aus dem Skiurlaub wiederkam."
Saskia, stand innerhalb kurzer Zeit vor einem Neuanfang

Für Saskia war nach diesen vielen und sehr langen Gesprächen eigentlich klar, dass sie eine gemeinsame Zukunft planen würden. Aber diese Vorstellung nahm ein abruptes Ende. "Dann kam er aus dem Skiurlaub wieder und hat die Beziehung beendet. Seine Begründung war halt damals, die Dynamik passt einfach nicht mehr. Er möchte das nicht mehr", erzählt Saskia.

"Es war meine Existenz, die da gerade einmal komplett über den Haufen geworfen wurde, da wir zusammen wohnten. Ich konnte mir diese Wohnung nicht alleine leisten. Ich hatte keinen Job mehr hier in dieser Stadt."
Saskia, stand innerhalb kurzer Zeit vor einem Neuanfang

Diese plötzliche Trennung stellt Saskias Leben komplett auf den Kopf. Kein Job, kein Partner, alleine kann sie sich die Wohnung nicht mehr leisten. Und was aus dem gemeinsamen Hund werden sollte, war auch unklar.

Resilienz ist wie ein Schwamm

Zunächst schottet sich Saskia für ein paar Tage ab. Sie will niemanden sehen. "Weil ich auch gar nicht bereit war, mit irgendjemandem darüber zu reden, weil wenn ich darüber geredet habe, erst einmal in Tränen ausgebrochen bin", sagt sie. Aber irgendwann fasst sie den Entschluss: So, jetzt ist Schluss mit dem Abschotten. Nun muss gehandelt werden.

Saskia hat schnell diesen inneren Impuls gehabt, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen und zu gestalten. Dieses Verhalten hängt mit Resilienz zusammen.

"Studien zum Beispiel an Zwillinge sagen, dass so 30 bis maximal 50 Prozent genetisch festgelegt sind. Aber der größte Teil kann auch durch Lernen, durch Veränderungen, durch Training verändert werden."
Isabella Helmreich Psychotherapeutin am Leibniz-Institut für Resilienzforschung Mainz

Isabella Helmreich ist Psychotherapeutin und arbeitet am Leibniz-Institut für Resilienzforschung Mainz. Sie vergleicht Resilienz mit einem Schwamm: Einen Schwamm kann man zusammendrücken. Man kann ihn auf den Boden werfen. Man kann darauf herumtreten, und der Schwamm kehrt immer wieder in seine ursprüngliche Form zurück.

Das Gleichgewicht wiederfinden

"Genau das ist, was Resilienz bedeutet, dass eben externe Faktoren, dass Stress, Widrigkeiten, Traumata auf uns eintreffen. Wir aber interne Ressourcen und auch externe Ressourcen haben, die uns helfen, unsere psychische Gesundheit wieder zurückzugewinnen."

Bei Menschen, die weniger resilient sind, drehen die Stresshormone mehr druch und das Angstzentrum im Gehirn reagiert stärker, sagt Isabella Helmreich. Aber resilienter werden, das kann man trainieren. Unsere Gene spielen dabei zwar eine Rolle, aber nicht die entscheidende.

"Es ist gut, einen Plan zu haben und die Bereitschaft, davon abzuweichen."
Robert Böttcher, Psychotherapeut und Coach

Der Psychotherapeut und Coach Robert Böttcher ist spezialisiert auf Menschen, die einen Rückschlag erlebt haben. Er sagt, die Tatsache, dass ein Plan scheitern kann, sollte immer mitgedacht werden. Und wichtig ist, dabei nicht dauerhaft einen negativen Filter auf alles anzuwenden, sondern den Aufmerksamkeitsfokus zu schärfen.

Sich auf Positives konzentrieren

Worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, dass können wir beeinflussen und trainieren. Robert Böttcher gibt dazu drei Tipps:

  1. Die Aufmerksamkeit auf die Dinge richten, die wir haben und nicht auf das, was wir nicht haben.
  2. Die Aufmerksamkeit auf Dinge richten, die wir kontrollieren können, nicht auf Dinge, die nicht in unseren Händen liegen.
  3. Wir sollten unsere Aufmerksamkeit nicht zu stark auf die Vergangenheit legen, denn die können wir nicht mehr beeinflussen. Besser: Den Fokus auf die Gegenwart und Zukunft richten.

Saskia sagt, sie habe sehr viel Rückhalt von ihrer Familie und von Freund*innen bekommen. Das hilft ihr nach wie vor, wieder Fuß zu fassen. Die Trennung und der Jobverlust liegen erst wenige Monate zurück. Sie ist also noch nicht wieder an einem Punkt, an dem sie sagt, dass alles in geregelten Bahnen läuft. Im Gegenteil, es gibt Tage, an denen sie sich am liebsten die Decke über den Kopf ziehen würde, weil sie das Gefühl hat, dass ihr alles zu viel wird. Aber sie sagt auch, ihr Ehrgeiz hilft ihr dabei, weiterzumachen.

"Und ich glaube, da wäre ich einfach nie draufgekommen, wäre ich nicht sozusagen durch diese ganzen Stolpersteine durchgefallen. – Wo ich wirklich jetzt in Aktion treten muss und für mich neue Lösungen finden muss."
Saskia, die ihr Leben neu organisieren muss

Es haben sich für sie inzwischen völlig neue Perspektiven aufgetan. Der Plan ist nun, von Freiburg nach Berlin zu ziehen und dort als Social-Media-Managerin für kleinere Unternehmen zu arbeiten. Etwas, worüber sie in ihrem alten Leben niemals nachgedacht hatte.

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Shownotes
Lebenskrise
Alles scheiße. Wie geht es jetzt weiter?
vom 16. Mai 2025
Gesprächspartnerin: 
Saskia, hat innerhalb weniger Wochen ihren Job aufgeben müssen und wurde plötzlich von ihrem Freund verlassen. Nun muss sie ihr Leben neu gestalten
Gesprächspartnerin: 
Isabella Helmreich, Psychotherapeutin beim Leibniz-Institut für Resilienzforschung in Mainz
Gesprächspartner: 
Robert Böttcher, Psychologischer Psychotherapeut und Coach
Autorin und Host: 
Shalin Rogall
Redaktion: 
Betti Brecke, Jana Niehof, Anne Göbel, Friederike Seeger
Produktion: 
Julian Kretschel