Schülerin Meret springt vom Dach ihrer Schule und stirbt. "Das Lied vom Tun und Lassen" von Jan Böttcher erzählt, wie ihre Mitschüler und ihr Musiklehrer Immanuel Mauss mit Merets Selbstmord umgehen.

Nach einem Selbstmord geht das Leben weiter - für die, die noch am Leben sind. Meret hat nie so richtig dazugehört, hat nie so richtig ihren Platz gefunden, als sie noch lebte. In den Pausen stand sie meist abseits von den anderen Schülern - allein in der Raucherecke. Meret hatte schwarz gefärbtes Haar, sie trug schwarze Leggins, darüber übergroße Pullis und eine schwarze Lederjacke - darunter ließ sich ihr dünner Körper gut verstecken. 

Stimmen aus drei Generationen

Immanuel Mauss ist Musiklehrer an Merets Schule. Er ist 57 Jahre alt - ein Alt-68er. Dass ihre Eltern ihren Sorgerechtsstreit auf Merets Schultern austrugen, wusste er. 30 Jahren lang ist Mauss ein stinknormaler Lehrer gewesen, streng nach Lehrplan, streng im Umgang, niemand, an den man sich gern erinnert. Aber als er Merets Jahrgang kennenlernt, weiß er, dass er seine Chance nutzen muss. 

Mit ihnen will er alles anders machen: Klassenfahrt mit dem Fahrrad und nicht mit dem Bus, Treffen auch außerhalb der Schulzeit, und  die Schüler dürfen ihn duzen. Immanuel Mauss lädt die Schüler zu sich nach Hause ein, er lässt sie Bands gründen und ihre eigenen Pressetexte schreiben - das ist seine Vorstellung von einem guten Musikunterricht. Den Eltern und dem Lehrerkollegium missfällt sein lockerer Umgang mit den Schülern. Meret hat er sogar ein paar Wochen bei sich wohnen lassen. Doch auch das konnte sie letztendlich nicht davon abbringen, sich selbst zu töten. 

Etwas zu wissen, bedeutet nicht, dass wir helfen können

Auch Clarissa - sie ist 19 Jahre alt und war eine Mitschülerin - hatte gewusst, dass Meret depressiv war. Meret liebte die Musik. Und sie konnte toll erzählen. Wenn sie wollte. Wenn man sie ließ. Aber Clarissa hat sie nur selten gelassen, weil sie selbst immer im Mittelpunkt stehen wollte. Um das tragische Ereignis zu verarbeiten, beginnt sie ein Blog zu schreiben. 

Von außen betrachtet

Johannes Engler ist Doktorand an der Universität, beruflich unerfahren, ein eher unauffällig Typ. Er ist 35 Jahre alt. Als externer Gutachter soll er sich im Auftrag des Ministeriums das Klima an der Privatschule ansehen.
Das Schulgeld ist hoch, der Ruf der Einrichtung gut, die Schulspeisung immer bio, da passt Merets Selbstmord einfach nicht hinein. Je länger er ermittelt, desto deutlicher wird die Diskrepanz zwischen dem beurteilenden Blick und der verstehenden Anteilnahme. Die Frage stellt sich, hilft es einem Verzweifelten tatsächlich im Nachhinein zu fragen, was im Fall von Meret schief gelaufen ist? Müsste man nicht vielmehr fragen, was passieren muss, damit es besser läuft...?

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Shownotes
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…wenn du das letzte Jahr gern streichen würdest
vom 28. Mai 2017
Autorin: 
Lydia Herms