Mal eben für 9,99 Euro nach Barcelona – das gibt es nicht mehr. Und wird es wohl auch nicht mehr geben. Die Luftbranche sagt: Fliegen wird mittel- und langfristig bedeutend teurer werden. Wir haben mit dem Luftfahrtexperte Cord Schellenberg über die Hintergründe gesprochen.
Die Prognose der Luftfahrtunternehmen ist eindeutig: Fliegen wird teurer. Daran hat unter anderem Condor-Chef Ralf Teckentrup kürzlich keinen Zweifel gelassen. Vor allem der Klimaschutz und die steigenden Kerosinpreise würden die Kosten nach oben treiben. Die nächsten fünf, sechs Jahre würden die Flüge in den Sommerurlaub für die meisten Menschen wohl noch erschwinglich bleiben, danach dann aber sehr wahrscheinlich nicht mehr.
Bereits jetzt ist die Preisentwicklung deutlich zu spüren. Laut Statistischem Bundesamt sind die Preise für Flüge über die Ostertage im Vergleich zum letzten Jahr bereits um 14 Prozent gestiegen.
Hohe Kerosin- und Betriebskosten
Neben den steigenden Kerosinpreisen würden die Energiekosten insgesamt gerade steigen, erklärt Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. Das wiederum führe zu höheren Kosten an den Flughäfen.
"Die Energiekosten steigen – das treibt die Kosten an den Flughäfen nach oben. Außerdem steigt die Nachfrage nach Kurzstreckenflügen. Weil wegen Corona weniger Langstreckenflüge möglich sind."
Dadurch, dass zurzeit wegen der Corona-Einschränkungen weniger Menschen Langstreckenflüge machen, steige zudem die Nachfrage nach Flügen innerhalb Europas, gerade in den Urlaubszeiten – auch das treibt die Preise nach oben.
Wieder viele Flüge in die USA, aber immer noch wenige nach Asien
Bei den innereuropäischen Flügen seien es momentan noch etwa 15 bis 20 Prozent weniger Flüge als noch 2019, sagt Cord Schellenberg. Das heißt aber auch: Vier Fünftel der Menschen sind im April bereits wieder geflogen. Bei den Flügen von Europa in die USA liege das Minus sogar nur noch bei sieben Prozent.
"Bei den Flügen von Europa in die USA haben wir inzwischen wieder über 90 Prozent der Zahlen von 2019, also vor der Pandemie, erreicht."
Ganz schlecht sehe es dagegen weiterhin bei Flügen nach Asien aus – auch aufgrund der Zero-Covid-Strategie Chinas, wo aufgrund der "irren Quarantäne-Auflagen" so gut wie gar nicht gereist wird, wenn man nicht unbedingt muss. Dort seien nur ein bisschen mehr als die Hälfte der Menschen unterwegs, die 2019 in der Luft waren, so Schellenberg.
Das Ende der Maskenpflicht (wie etwa jetzt, Ende April, in Hamburg) bedeute für viele Reisende eine Erleichterung, sagt der Luftfahrtexperte. In Zeiten hoher Inzidenzen habe lange das Gefühl überwogen, doch besser in der Region zu bleiben, sollte etwas passieren. Nun aber hätten viele Menschen offenbar wieder die Lust und das Vertrauen, ins Ausland zu reisen.
Stärkere Besteuerung der CO2-Emissionen
Die EU hat den Plan, in fünf Jahren, also ab 2027, einen verschärften Emissionshandel für innereuropäische Flüge aufzulegen. Es soll dann keine freien CO2-Zertifikate mehr geben. Die Folge ist klar: Die Flüge innerhalb Europas werden dadurch deutlich teurer werden.
Das sei politisch gewollt, erklärt Schellenberg. Doch aufgrund der hohen Flugkosten könnten sich Menschen mit geringerem Einkommen dann vielleicht nicht mehr in den Urlaub fliegen.
"Menschen mit geringem Einkommen können ab 2027 dann möglicherweise nur noch eine Woche wegfliegen – oder gar nicht mehr. Ich persönlich finde das traurig."
Dass sich Fliegen alle oder zumindest sehr viele Menschen leisten können, sei eine "gute Errungenschaft". Dass damit dann Schluss sei und man Personengruppen vom Fliegen ausschließe, finde er eine traurige Entwicklung, so Schellenberg.
Natürlich dürfe ein Flug nach Spanien aber auch nicht für 9,99 Euro zu haben sein. Hundert Euro pro Strecke seien angemessen.
Flugpreise nach Mallorca in fünf Jahren verdoppelt?
Cord Schellenberg hält es für möglich, dass sich ein Flug auf die liebste Ferieninsel der Deutschen in fünf Jahren verdoppelt - vielleicht nicht in der Hauptsaison, wo die Preise ohnehin schon hoch seien, dafür aber in der Nebensaison. Dort werden die Preise wahrscheinlich so stark anziehen, dass sich dann nur noch deutlich weniger Passagiere eine solche Reise werden leisten können.
Eine Maschine muss ja von der Auslastung her so gefüllt sein, dass die Airline einen Gewinn erzielt, erklärt Schellenberg. Sonst macht es keinen Sinn, die Flüge anzubieten. Insgesamt könne das dann auch zu weniger Wettbewerb führen.
"Die Luftverkehrssteuer sollte in die Forschung für günstigere Flugmöglichkeiten fließen – zum Beispiel in die Entwicklung eines künstlichen Kerosins."
Schellenberg plädiert dafür, dass insbesondere in Deutschland die Luftverkehrssteuer, die wir mit jedem Ticket zahlen, "weniger ins Staatssäckel fließt und für irgendwas ausgegeben wird" – sondern ganz konkret in Forschung und Entwicklung für umweltfreundliche und günstige Flugmöglichkeiten. Zum Beispiel in die Entwicklung eines synthetischen Kerosins.